
Von einem Ende der Eiszeit oder gar Tauwetter kann keine Rede sein: Die erste Sitzung des Nato-Russland-Rates verlief am Mittwoch in Brüssel in „eher eisiger Atmosphäre“, berichteten Diplomaten.
„Wir haben nicht nur miteinander geredet, sondern auch einander zugehört“, beschrieb der Generalsekretär des Bündnisses, der frühere norwegische Regierungschef Jens Stoltenberg, die Atmosphäre. „Das heutige Gespräch hat aber nichts geändert.“
Das war auch nicht zu erwarten. Zu heftig hatten sich die Allianz und die russische Seite in den Tagen zuvor mit scharfen Worten bekriegt. So warf die Nato-Spitze den russischen Militärs „unprofessionelles“ und „gefährliches“ Verhalten vor, weil sich Moskaus Kampf-Jets in der vergangenen Woche mehrfach dem US-Kriegsschiff „USS Donald Cook“ genähert hatten, das in der Ostsee an einem Manöver teilnahm. Die Antwort des Kremls ließ nicht lange auf sich warten.
Kurz vor dem ersten Treffen der Botschafter Moskaus und der 28 Nato-Mitglieder ließ Russland seinen Nato-Unterhändler Alexander Gruschko von der Leine, der in einem Interview offen betonte: „Unsere frühere Partnerschaft gibt es nicht mehr.“ Auch habe man „keine positive Agenda, es gibt keine Projekte, die uns wieder zurückführen“.
Stattdessen zeigte sich Moskau am Mittwoch erneut verärgert über die Pläne der Allianz, ihre Präsenz in den östlichen Mitgliedstaaten zu verstärken. Allein die USA werden demnächst 4200 Soldaten, 250 Panzer sowie Haubitzen und Kampffahrzeuge in unmittelbarer Grenznähe zu Russland stationieren.
Beim Treffen drehte sich dann dreieinhalb Stunden lang zunächst alles um die Ukraine. Man habe „deutlich unterschiedliche Standpunkte“, sagte Stoltenberg über die Beratungen. Vonseiten der Nato sei jedoch die „bedingungslose Unterstützung der Ukraine“ unterstrichen und von Russland die Einhaltung der Minsk-II-Regeln für eine Waffenruhe betont worden. Darüber hinaus hätten beide Seiten die Notwendigkeit von Gesprächen hervorgehoben, um angesichts der Aufrüstung auf beiden Seiten „mehr Klarheit und Transparenz“ zu schaffen.
Außerdem müssten „Armeen üben dürfen, ohne von scharfer Rhetorik und Bedrohungen aus der Luft gefährdet zu werden“.
Und schließlich sei die Sicherheitslage in Afghanistan zur Sprache gekommen. Auch wenn der Nato-Generalsekretär zu diesem Punkt nicht mehr sagen wollte, vermuteten Beobachter doch anschließend, dass genau diese Frage zu einer tieferen Gemeinsamkeit Russlands und der Nato führen könnte. Moskau, so betonte ein hoher Militär in Brüssel, fürchte „nichts mehr, als dass die wachsenden Aktivitäten des sogenannten Islamischen Staates (IS) und der Taliban auf das eigene Hoheitsgebiet herüberschwappen“. Das Bündnis ist mit einer Polizei- und Ausbildungsmission nach wie vor vor Ort – das ergäbe durchaus eine gemeinsame Interessenlage, wenn man denn nur wollte.
Das erste Treffen seit zwei Jahren kam vor allem auf deutsches Drängen hin zustande. Er sei „froh“, dass die Runde wieder zusammentrete, hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Anfang der Woche erklärt. Er setzte sich gegen die baltischen Staaten sowie die Mitglieder im Osten der Allianz durch, die zuvor betonten, es dürfe keine Rückkehr zum Alltagsgeschäft geben, sonst werde Präsident Wladimir Putin glauben, er könne sich wie auf der Krim und in der Ukraine alles erlauben.