Der Streit ums Geld dominiert die Debatte um eine mögliche Unabhängigkeit Schottlands. In wenigen Tagen dürfen rund 4,2 Millionen Menschen in einem Volksentscheid über die Abspaltung von Großbritannien abstimmen. Dabei ist bis heute die Frage nicht geklärt, mit welcher Währung in einem souveränen Schottland bezahlt würde. Pfund? Euro? Oder kommt gar eine eigene Währung auf den Markt?
Alex Salmond, der Erste Minister Schottlands und Vorsitzender der Scottish National Party (SNP), will sowohl einen eigenständigen Staat als auch das gemeinsame Geld behalten. Das sehen die Vertreter der großen Parteien in Westminster anders. Die Tories, die Labour-Partei und die Liberaldemokraten sind sich einig, dass eine Währungsunion nicht infrage kommt. Wer das Vereinigte Königreich verlasse, der verlasse eben auch seine Währung, so der britische Finanzminister George Osborne.
Kurs fällt auf Jahrestief
London hat Sorge vor einer fiskalischen Union mit einem autonomen Staat, auf dessen Finanz- und Steuerpolitik Westminster keinen Einfluss haben würde. Die Unsicherheit über die Zukunft belastet das Pfund Sterling erstmals. Bislang ging der Großteil der Kapitalmarktakteure von einer Niederlage der Jasager aus. Nachdem am Wochenende eine Umfrage jedoch erstmals die Unabhängigkeitsbefürworter in Führung gesehen hat, fiel der Kurs gegenüber dem Dollar auf ein Jahrestief. Bei einer Abspaltung könnte das Pfund weiter schwächeln.
Welche Auswirkungen hat eine Autonomie auf die Steuereinnahmen? Wie werden die Staatsschulden im Fall einer Eigenständigkeit aufgeteilt? Experten von Goldman Sachs sagten im Falle einer Abspaltung Schottlands eine Währungskrise voraus, die der des Euro ähneln würde. Viele Briten befürchten zudem, dass Banken und Versicherungen nach London abwandern könnten.
Alex Salmond windet sich gerne um das Thema Währung herum, auch wenn er seit Monaten nach einem Plan B gefragt wird. Die schottische Regierung spricht davon, das Pfund unilateral beizubehalten, es also weiterhin zu benutzen, aber ohne formelle Währungsunion. Vorbilder finden sich in Ecuador, Panama oder auch Montenegro, wo beispielsweise mit dem Euro bezahlt wird, ohne dass das Land der Eurozone angehört.
Beitritt zur EU neu verhandeln
Es gilt als Wagnis, die politische Bindung aufzugeben, an der fiskalischen jedoch festzuhalten. Zwar macht Schottland, Öl und Gas herausgerechnet, nur acht Prozent der britischen Wirtschaftsleistung aus, Edinburgh aber ist der zweitgrößte Finanzplatz des Königreichs. Was würde passieren, wenn zwei der größten britischen Geschäftsbanken, die Royal Bank of Scotland und die Bank of Scotland, in eine Schieflage gerieten? Die Angst, mit der Unabhängigkeit den Schutz der Bank of England zu verlieren, ist groß.
Auch London wäre betroffen. Räumen zu viele Kunden ihre Konten, würde der Bankensektor in Bedrängnis geraten. „Ein unabhängiges Schottland steht einer einfachen Wahl gegenüber – das Pfund zu nutzen wie Panama den Dollar oder der Europäischen Union beizutreten“, sagte der Chefsekretär des Schatzamtes, Danny Alexander. Die SNP will in der EU bleiben, doch der ehemalige Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte den Schotten wenig Hoffnung auf einen Verbleib gemacht. Während Salmond stets verspricht, einen „reibungslosen Übergang“ auszuhandeln, hieß es aus Brüssel, dass Schottland wie alle anderen Staaten die Mitgliedschaft neu beantragen müsse.
Zudem müssen sich alle neuen EU-Staaten verpflichten, irgendwann den Euro einzuführen. Diese Option gilt in ganz Großbritannien als unpopulär. Es bleibt noch eine Möglichkeit: eine eigene schottische Währung. Während Ökonomen vor den wirtschaftlichen Schwierigkeiten warnen, reden manche Medien bereits vom „Scottie“.
Schottlands wirtschaftliche Stärke
Das Selbstbewusstsein Schottlands gründet sich vor allem auf die Öl- und Gasvorräte in der Nordsee. Bei einer Unabhängigkeit würden 91 Prozent der Steuereinnahmen an die Schotten gehen, berechnete das Londoner Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung. Geplant ist, daraus nach norwegischem Vorbild einen Öl-Fonds zu speisen, der künftigen Generationen zugutekommen soll. Doch Experten warnen, die Vorräte könnten früher versiegen als angenommen. Zuletzt betrugen die Einnahmen rund 8,2 Milliarden Euro pro Jahr. Derweil favorisieren die Energieriesen BP und Shell den Status quo. Text: Kp