Erstmals in der Geschichte Israels ist ein Ex-Regierungschef zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Der frühere Ministerpräsident Ehud Olmert soll wegen Korruption im Zusammenhang mit einem Immobilienskandal für sechs Jahre hinter Gitter, entschied Richter David Rosen am Dienstag in Tel Aviv. Zudem verhängte er in dem Verfahren um das Bauprojekt Holyland in Jerusalem eine Geldstrafe von umgerechnet 200 000 Euro und die Einziehung von weiteren 100 000 Euro an Bestechungsgeldern. Er entsprach damit dem Antrag der Anklage.
Die harte Strafe dürfte eine Rückkehr des 68-Jährigen ins politische Leben so gut wie unmöglich machen. Olmert hatte sich während seiner Amtszeit intensiv um eine Friedensregelung mit den Palästinensern bemüht. Korruptionsvorwürfe führten jedoch im Herbst 2008 zum Sturz seiner Regierung und zu Neuwahlen im Februar 2009. Seitdem ist die siedlerfreundliche Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Ruder.
„Olmert hat seinen Posten (als damaliger Bürgermeister von Jerusalem und späterer Handelsminister zwischen 1994 und 2007) für eigene Ziele missbraucht und hohe Summen erhalten“, sagte Richter Rosen. Das Verhalten Olmerts verglich er mit Verrat. Präsident Schimon Peres bezeichnete das Urteil als Ausdruck der Gleichheit aller Israelis vor dem Gesetz. „Es ist ein trauriger Tag, aber man darf Gefühle nicht mit Prinzipien vermischen“, fügte er am Rande eines Staatsbesuchs in Norwegen hinzu.
Olmert hatte noch kurz vor der Verkündung des Strafmaßes erneut seine Unschuld beteuert. Er habe nichts von Zahlungen der Bauherren an seinen Bruder gewusst. „Dies ist ein trauriger Tag, an dem ein ungerechtes Urteil über einen unschuldigen Mann gefällt werden wird“, hieß es in der Mitteilung Olmerts. „Wir werden das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof anfechten“, fügte er hinzu, nachdem ihm Richter Rosen keinen Glauben geschenkt hatte.
Wegen der Berufung galt es als unwahrscheinlich, dass Olmert tatsächlich ab September ins Gefängnis muss, denn bis zu einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes kann die Haft ausgesetzt werden. Ein Ex-Präsident des Landes sitzt aber bereits in Haft: Mosche Katzav wurde 2011 wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung zu sieben Jahren verurteilt.