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BRÜSSEL
Dutroux bleibt Belgiens Trauma
Der Fall Dutroux       -  Marc Dutroux (in Handschellen) wird im Jahr 2000 von Polizeibeamten nach einer Anhörung aus dem Justizpalast geführt. Sechs Mädchen und junge Frauen hatte Dutroux in den 90er Jahren entführt, in einem Kellerverlies gefoltert und vergewaltigt – vier von ihnen starben.
Foto: ArchivDavid Martin, dpa | Marc Dutroux (in Handschellen) wird im Jahr 2000 von Polizeibeamten nach einer Anhörung aus dem Justizpalast geführt.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 14.03.2018 03:06 Uhr

Es sind die Schatten einer dunklen Vergangenheit, die Belgien gerade einholen. Wieder werden sie überall gezeigt – die Porträts von Sabine, Laetita, An und Eefje sowie von Melissa und Julie, die – gerade mal acht Jahre alt – in dem Keller des Hauses von Marc Dutroux verhungert waren. Die anderen, damals zwischen zwölf und 19 Jahre alt, wurden monatelang eingepfercht, vergewaltigt und anderen Tätern überlassen. 1996 verhaftete die Polizei Marc Dutroux (61) und seine Frau Michelle Martin (58), 2004 wurde er zu lebenslanger Haft und anschließender zehnjähriger Sicherungsverwahrung verurteilt.

„Ich bin sicher, dass er wieder beginnen würde zu töten.“
Jeannine Dutroux über ihren Sohn

„25 Jahre Haft sind genug“, schreibt jetzt sein Anwalt Bruno Dayez in seinem Buch „Warum Marc Dutroux freigelassen werden sollte“. Er löste einen Proteststurm in der Öffentlichkeit aus. „Wenn ich Dutroux im Gefängnis treffe, sitzt ein Mensch vor mir, kein Monster“, schreibt Dayez. Die Haftbedingungen nennt er „apokalyptisch“. Die Zelle sei nur neun Quadratmeter groß. Da auch noch ein Tisch, ein Stuhl und ein Bett darin ständen, könne er sich praktisch nicht bewegen. Jean-Denis Lejeune könnte platzen, wenn er das hört. Seine damals achtjährige Tochter Julie war eines der ersten Opfer. Ihre Leiche wurde später im Garten des Dutroux-Hauses ausgegraben: „Meine kleine Tochter war in einem Wassertank eingesperrt, der weniger als zwei Quadratmeter groß war“, sagte Lejeune. Er habe für solche Beschwerden kein Verständnis.

Die belgische Öffentlichkeit fürchtet wieder, dass der Kreis derer, die Verständnis für eine Entlassung des Kindermörders aufbringen, größer werden könnte. Dabei hatte 2013, als über eine vorzeitige Entlassung diskutiert wurde, sogar seine Mutter Jeannine Dutroux über ihren Sohn gesagt: „Ich bin sicher, dass er wieder beginnen würde zu töten“. Vor fünf Jahren lehnte das Brüsseler Strafberufungsgericht den Antrag des Verteidigers ab: „Eine elektronische Fußfessel wird nicht gewährt“, hieß es. Dutroux hatte wohl gehofft, dass er – wie seine Ex-Frau Michelle Martin, die 2012 aus der Haft entlassen wurde und nun von der Öffentlichkeit abgeschirmt in einem Kloster bei Namur lebt – endlich freikommen würde.

Im Hintergrund steht dabei nicht nur die Angst vor diesem brutalen Mörder und Kinderschänder, sondern auch davor, dass er noch mächtige Freunde haben könnte, die die Hand über ihn halten. Zu viel haben die Belgier erleben müssen, als im Zusammenhang mit der Verhaftung Fahndungspannen offenkundig wurden, als Zeugen verschwanden und starben, Hinweise nicht ausgewertet wurden, Beweismittel wie rund 6000 Haarproben aus dem Keller, die weder dem Täterpaar noch den Opfern zugeordnet werden konnten, immer noch nicht ausgewertet worden sind.

Schon Ende der 90er Jahre war von einem Netzwerk pädosexueller Krimineller die Rede, zu denen auch Mitglieder höchster Gesellschaftsschichten gehört haben sollen. Da gibt es die „Zeugin X3“, die von „einem Schloss inmitten eines Parks“ berichtete, „wo Kinder – in Käfigen eingeschlossen – darauf warteten, endlich dranzukommen“. Die perversen Täter hätten Jagd mit Doggen auf die nackten Kinder gemacht. Wirklich ermittelt wurde in diese Richtung nie. Als in den vergangenen zehn Jahren in Belgien immer mehr Fälle von sexueller Gewalt gegen Minderjährige bekannt wurden, bei denen auch höchste kirchliche und gesellschaftliche Kreise als Täter identifiziert werden konnten, kamen die Befürchtungen noch einmal hoch. Nun sind sie wieder da. Dutroux hinter Gittern, das gilt vielen als wichtigste Maßnahme, um dieses Trauma zu besiegen.

Vor fünf Jahren hieß es in der Berufungsverhandlung, es gebe „überhaupt keine Aussicht auf Wiedereingliederung in die Gesellschaft“. Sein damaliger Arzt Michel Matagne sagte: „Dutroux hat sich nicht geändert.“

 
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