Der Untersuchungsausschuss zur Drohnen-Affäre hat seine Arbeit aufgenommen und will in der Rekordzeit von gut zwei Monaten Ergebnisse vorlegen. In seiner konstituierenden Sitzung beschloss das Gremium am Mittwoch, 18 Zeugen zum Scheitern des Drohnen-Projekts „Euro Hawk“ zu befragen, darunter Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) und zwei seiner Vorgänger. Zudem wurden rund 100 Anträge zur Beschaffung von Beweismaterial gestellt. Nach Angaben aus dem Ausschuss wurden noch nie Untersuchungen so kurz vor einer Bundestagswahl eingeleitet.
Der Verteidigungsausschuss des Bundestages hatte die Einsetzung des Untersuchungsgremiums einstimmig beschlossen. Vertreter von Koalition und Opposition versicherten, dass sie den Ausschuss nicht zu einem Wahlkampfspektakel machen wollten. Das Drohnen-Projekt war im Mai wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt worden.
Bis Anfang September will der Ausschuss klären, ob und – wenn ja – wie viele Steuergelder durch das späte Ziehen der Reißleine verschwendet wurden und wer dafür die Verantwortung trägt. Die Opposition wirft de Maiziere vor, falsche Angaben über seine Einbindung in das Projekt gemacht zu haben. Sie fordert seinen Rücktritt.
Neben de Maiziere will der Ausschuss in den letzten beiden Juli-Wochen unter anderen die früheren Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und Rudolf Scharping (SPD) sowie die Chefs der beiden Herstellerfirmen Cassidian und Northrop Grumman anhören.
SPD-Chef Sigmar Gabriel rechnet nicht mehr mit einem Rücktritt de Maizieres. „Ich glaube nicht, dass Herr de Maiziere zurücktreten darf“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Die Kanzlerin kann sich doch nicht leisten, nach zwei Bundespräsidenten, einem Umweltminister, einer Bildungsministerin nun auch noch den dritten Verteidigungsminister in nur drei Jahren gehen zu lassen.“
Untersuchungsausschuss
Er gilt als schärfste Waffe der Opposition zur Kontrolle der Regierung: Ein Untersuchungsausschuss soll Missstände in Politik und Verwaltung aufdecken. Der Bundestag muss einen Untersuchungsausschuss auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder einsetzen. Der Verteidigungsausschuss kann sich als einziges Fachgremium bei Themen in seinem Bereich laut Grundgesetz als Untersuchungsausschuss konstituieren. Untersuchungsausschüsse arbeiten ähnlich wie Gerichte, können Zeugen und Sachverständige hören und Unterlagen von Behörden anfordern. Text: dpa