Die Zweifel sind groß. An diesem Freitag soll die Eurogruppe über das Papier entscheiden, das am Dienstag in Athen vollendet wurde. Doch die Absichtserklärung über ein drittes Hilfsprogramm, über die sich der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos äußerst zufrieden gezeigt hatte, wirft anderswo Fragen auf. Amtskollege Wolfgang Schäuble fürchtet eine Verwässerung der ursprünglichen Bedingungen, die in der Eurogruppe vereinbart worden waren.
So hatte das Gremium der Euroländer einen Primärüberschuss, also ein Haushaltsplus ohne Schuldendienst, von einem Prozent für das laufende Jahr gefordert. In dem nun vorgelegten Papier wird der Regierung sogar ein Minus von 0,25 Prozent erlaubt. Sie darf also mehr ausgeben als sie einnimmt. „Die Frage ist, ob das notwendig ist“, gab ein Diplomat aus Brüssel im Gespräch mit der Redaktion zu bedenken.
Er spielt auf die jüngsten Wirtschaftszahlen des griechischen Statistikamtes an, das überraschend ein Wachstum von 0,8 Prozent gegenüber der ersten Jahreshälfte vermeldet. Mit dieser Perspektive könne man durchaus „ehrgeizigere Ziele“ setzen, so der Diplomat. Auch für das kommende Jahr muss Griechenland laut Absichtserklärung lediglich ein Plus von 0,5 Prozent erreichen. Die Eurogruppe hatte ursprünglich zwei Prozent für 2016 gefordert.
Privatisierungsfonds
Sorge bereitet auch die fehlende Umsetzung des Privatisierungsfonds – eine der Kernforderungen Schäubles. In der Absichtserklärung ist nun lediglich von der Gründung einer „unabhängigen Arbeitsgruppe“ die Rede, die bis Oktober eingesetzt werden soll. Ihre Aufgabe wird es sein, „Empfehlungen“ für die Aufstellung des Fonds zu machen. Aus Berlin fordert man hingegen substanzielle Fortschritte. Schließlich soll ein Großteil der Erträge aus dem Privatisierungsfonds in den Schuldenabbau fließen. Auch Frankreichs Finanzminister Michel Sapin fordert konkretere Zusagen aus Athen.
An die Frage, wie schnell der Privatisierungsfonds seine Arbeit wird aufnehmen können, sind generelle Zweifel geknüpft, wie die Schuldentragfähigkeit gewährleistet werden kann. Dass Griechenland seine Schulden bedienen und auch dafür fällige Zinsen pünktlich bezahlen kann, hat wiederum der Internationale Währungsfonds (IWF) zur Bedingung gemacht. Andernfalls wolle man sich an einem dritten Hilfsprogramm nicht beteiligen. Dass der IWF mit im Boot bleibt, war für Bundeskanzlerin Angela Merkel immer Grundvoraussetzung für weitere Zahlungen an Athen. Nun rief Berlin den Washingtoner Fonds auf, noch vor der für Mitte nächster Woche angesetzten Bundestagsabstimmung ein klares Bekenntnis zum Hilfspaket abzugeben.
Zeitplan fehlt
Zudem fehlt bei vielen der innerhalb des Programms geforderten Reformen der Zeitplan. Ein Großteil wird auf den Herbst aufgeschoben: „Die Umsetzung vieler Maßnahmen ist nicht vor Oktober oder November geplant“, heißt es in einem internen Papier des Finanzministeriums. Teilweise seien die Reformen noch nicht ausgearbeitet, wird darin moniert: So war in den Empfehlungen der Eurogruppe festgehalten worden, dass Griechenland bis Oktober das Rentensystem umfangreich umstrukturieren müsse.
Doch bislang fehle es an „konkreten Plänen“ aus Athen.
Auch die dringend notwendige Arbeitsmarktreform ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Zwar hat das zuständige Ministerium zahlreiche Untersuchungen in Auftrag gegeben – das Enddatum wurde aber offengelassen. Dazu wird in dem Ministeriumspapier bemerkt: „Das bedeutet, dass eine weitere wichtige Reform vertagt wird – schon wieder.“