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MADRID/BRÜSSEL
Die Zeit der Streithähne ist zurück
Nach den Wahlen in Katalonien       -  Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont am Freitag in Brüssel.
Foto: Thierry Roge, dpa | Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont am Freitag in Brüssel.
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 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:38 Uhr

Viele hatten ihn schon totgesagt. Weil Kataloniens Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont aus der Ferne, von seinem selbstgewählten belgischen Exil aus, den Wahlkampf führte. Doch der 54-Jährige überraschte in der katalanischen Neuwahl am Donnerstag. Die Wähler verhalfen ihm zu ausreichend vielen Stimmen, um sich wieder zum Anführer der Separatistenbewegung aufzuschwingen. Dies beflügelte Puigdemont, das Amt des katalanischen Ministerpräsidenten erneut für sich zu beanspruchen.

Das Wahlergebnis sei „eine Ohrfeige“ für Spaniens konservative Zentralregierung, sagte Puigdemont. „Der spanische Staat wurde bezwungen.“ Der Plan Madrids, einen Machtwechsel in Katalonien herbeizuführen, sei gescheitert. Er forderte den konservativen spanischen Regierungschef Mariano Rajoy auf, über die Unabhängigkeit Kataloniens zu verhandeln und die Zwangsverwaltung der Region zu beenden. Nach dem Wahlsieg hätten sich die Unabhängigkeitsbefürworter verdient, „dass wir angehört werden“.

Man müsse ihm eine Rückkehr von Brüssel nach Barcelona ermöglichen, damit er sein Abgeordnetenmandat antreten und für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren könne. Puigdemont, der vom Obersten Gerichtshof Spaniens beschuldigt wird, auf illegale Weise die Unabhängigkeit vorangetrieben zu haben, muss bei seine Einreise nach Spanien mit Verhaftung rechnen. Nachdem er einer Vorladung des Gerichtshofs nicht Folge geleistet hatte, war ein Haftbefehl ausgestellt worden.

Mit 21,65 Prozent setzte sich Puigdemonts Unabhängigkeitsliste Junts per Catalunya (JxCat) bei der Neuwahl am Donnerstag an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung, die für die Loslösung der Region von Spanien eintritt. Zusammengerechnet kam der Block der Sezessionisten auf 47,5 Prozent. Das ist zwar weniger als die Hälfte der Stimmen. Aber es reichte trotzdem, um mit 70 Abgeordnetenmandaten die absolute Mehrheit zu erobern, die bei 68 der insgesamt 135 Parlamentssitze liegt. Bei der Sitzverteilung kam dem Unabhängigkeitslager das Wahlrecht zu Hilfe, wonach das dünn besiedelte katalanische Hinterland, wo die Separatisten stark sind, bei der Sitzverteilung begünstigt wird.

Die Unabhängigkeitsgegner errangen zwar zusammengerechnet etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen. Aber dies brachte ihnen trotzdem nur 65 Sitze ein. Die Neuwahl müsse eine „Rückkehr zur Legalität“ in Katalonien einleiten, sagte Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy. Er wies darauf hin, dass sich auch eine neue Regionalregierung der Unabhängigkeitsbefürworter an das Recht halten müssten – also keine einseitigen Schritte Richtung Abtrennung von Spanien unternehmen dürften. „Ich werde nicht zulassen, dass sie die Verfassung verletzen.“

Die Haltung Brüssels machte ein Sprecher der EU-Kommission klar: „Es handelt sich um eine Regionalwahl, und das haben wir nicht zu kommentieren“, sagte er. Fazit: Ein offizielles Treffen Puigdemonts mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker oder Ratspräsident Donald Tusk steht nicht auf der Agenda. Und um eine Vermittlung müsste Spaniens Premierminister Rajoy offiziell bitten. Dies hat er bisher stets abgelehnt. Es ist nicht zu erkennen, warum er seine harte Linie nun ändern sollte. Doch die gerät zumindest bei einigen Politikern inzwischen unter Beschuss. „Jetzt sind Brückenbauer gefragt, um den Konflikt zwischen Zentralregierung und Separatisten in Katalonien zu überwinden“, kommentierte der SPD-Europa-Abgeordnete Jo Leinen den Ausgang der Wahl.

„Rajoy neigt zur Sturheit“, bilanzierte der langjährige Chef des Auswärtigen Ausschusses in der EU-Abgeordnetenkammer, Elmar Brok (CDU).

SPAIN-CATALONIA-POLITICS-GOVERNMENT       -  Der spanische Premier Mariano Rajoy
Foto: OSCAR DEL POZO, afp | Der spanische Premier Mariano Rajoy
 
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