Geht der US-Regierung tatsächlich das Geld aus? Drei Tage vor dem prognostizierten Stichtag im Streit um die Schuldengrenze gab es bis Montag immer noch keine Lösung. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds warnte, eine Zahlungsunfähigkeit hätte „weltweit massive Verwerfungen“ zur Folge: „Wir würden riskieren, schon wieder in eine Rezession zu kippen“, sagte Christine Lagarde dem Fernsehsender NBC.
Die Verhandlungsführer selbst haben noch nicht resigniert. Nachdem Gespräche zwischen Präsident Barack Obama und dem republikanisch dominierten Repräsentantenhaus gescheitert sind, ruhen die Hoffnungen aber jetzt auf dem Senat. Der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid soll mit seinem konservativen Gegenüber, Mitch McConnell, einen Last-Minute-Deal aushandeln. Ihren Plan, Obamas Gesundheitsreform zu kassieren, haben die Republikaner dabei längst aufgegeben. Aber die Demokraten wittern nun ihrerseits Morgenluft: Sie wollen keiner Einigung zustimmen, die den „Sequester“ fortschreibt, ein Sparpaket, das den Konservativen wichtig ist.
Nach zwei Wochen des erzwungenen Verwaltungsnotstands ist das Image der Opposition verheerend. „Als Republikaner befinden wir uns im freien Fall“, sagte Senator Lindsey Graham auf ABC. „Aber die Demokraten sind nicht weit hinter uns.“ Die Regierungspartei hofft offensichtlich, ihren Vorteil durch konsequente Härte ausbauen zu können. Konservative Senatoren hatten zuletzt angeboten, den Verwaltungsnotstand zu beenden und die Schuldengrenze bis Ende Januar anzuheben. Das würde aber auch bedeuten, dass der Sequester dann für ein weiteres Jahr in Kraft tritt.
Dass die Demokraten auch dieses Zugeständnis nicht machen wollen, erzürnt viele ihrer Gegenspieler. Die Spaßmaßnahmen seien „geltendes Gesetz“, wetterte Mitch McConnell. Das kam allerdings als Bumerang zurück, denn im Fall der Gesundheitsreform hat es seine Partei jüngst wenig interessiert, was „geltendes Gesetz“ ist.
Die beiden Langzeitsenatoren Reid und McConnell verbindet eine herzliche Abneigung: In der Vergangenheit hat McConnell vergleichbare Verhandlungen lieber mit Vizepräsident Joe Biden geführt. Weil das Weiße Haus diesmal allerdings keine Kompromisse schließen will, hat es Biden im Haushaltsstreit offenbar aus dem Verkehr gezogen. Obama hat mehrfach betont, dass der Verwaltungsbetrieb und bereits aufgelaufene Rechnungen keine Druckmittel sein dürften. Reid sagte am Sonntagabend, er sei weiterhin optimistisch.
Das aktuelle Ringen war lange absehbar. Bereits im Januar musste Republikanerführer John Boehner nach der verlorenen Präsidentschaftswahl mehrere Versprechen brechen: Er stimmte Steuererhöhungen für die Reichsten zu und gab sein Ziel auf, die Schuldengrenze „um keinen Dollar“ anzuheben, so lang der entsprechende Betrag nicht bei den Ausgaben eingespart sei. Anfang März hätte sich der Kongress dann auf ein langfristiges Programm zur Sanierung des US-Haushalts einigen sollen. Als Anreiz hatten sich die Parteien darauf geeinigt, andernfalls planlos mit dem Rasenmäher zu kürzen – und so kam es dann auch. Dank dem berüchtigten Sequester musste die Bundesregierung im Haushaltsjahr 2013 85 Milliarden Dollar streichen. So lang der Kongress nicht eingreift, fehlen für die nächste Dekade insgesamt 1,2 Billionen Dollar.
Weil diese Einsparungen keinem Konzept folgen, würden auch viele Republikaner sie lieber ersetzen; die teuren Sozialsysteme sind weiter nicht reformiert. Der radikale Tea-Party-Flügel zwang die Partei allerdings, die Haushaltsverhandlungen zunächst zu dem Versuch zu nutzen, die 2010 beschlossene Gesundheitsreform doch noch auszuhebeln. Der Partei haben die Ultrakonservativen damit eine Bauchlandung beschert. Sie selbst müssen die öffentliche Meinung aber oft gar nicht fürchten: Durch den raffinierten Neuzuschnitt von Wahlkreisen in republikanisch regierten Staaten ist vielen von ihnen die Wiederwahl sicher.