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BRÜSSEL
Die Ukraine will sich an die EU binden
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 19.10.2020 09:00 Uhr

Nur wenige Tage nach dem erzwungenen Verlust der Halbinsel Krim ordnet die Ukraine ihre politische Ausrichtung neu. Am morgigen Freitag wird Präsident Arseni Jazenjuk als Gast der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel das Assoziierungsabkommen mit der EU unterschreiben und dadurch die Westbindung seines Landes festigen. Noch im November hat die damalige moskautreue Führung unter Präsident Viktor Janukowitsch die Vereinbarung auf Eis gelegt. Nun soll das Dokument zügig in Kraft treten – versilbert mit einem „Begrüßungsgeld“ von rund einer Milliarde Euro als Starthilfe.

Es ist die erste Rate eines Elf-Milliarden-Euro-Hilfspaketes, das die Kommission zusammengestellt hatte. „Die Hilfen der EU können ausgezahlt werden, sobald die Reformen, die auch von den ukrainischen Bürgern verlangt werden, mit dem Internationalen Währungsfonds vereinbart wurden“, betonte Währungskommissar Olli Rehn am Mittwoch.

Von einem „historischen Moment“ will in Brüssel allerdings trotzdem niemand sprechen. Zu sehr lasten die Spannungen zwischen Moskau und den Europäern auf dem Gipfel. Abseits der diplomatischen Floskeln lassen Diplomaten keinen Zweifel daran, dass man auch über weitere Sanktionen sprechen, diese aber „weder beschließen noch in Kraft setzen“ werde. Das liegt zum einen daran, dass sich die Gemeinschaft beim Sondergipfel am 6. März einen festen Fahrplan gegeben hat, der eine dritte Stufe an Strafen erst für einen Griff Russlands nach den Regionen im Osten der Ukraine vorsieht. Zum anderen dürfte man froh sein, noch nicht entscheiden zu müssen. Bisher konnte die Geschlossenheit der 28 Mitgliedstaaten nämlich gewahrt bleiben.

Neben Bulgarien, Russlands Nachbar am Schwarzen Meer, und Zypern, bis heute Oase russischer und ukrainischer Millionäre, fürchten auch die baltischen Staaten, dass sich Moskau mit scharfen Gegenmaßnahmen für wirtschaftlichen Druck des Westens revanchieren könnte. Zwar hat die EU den Ost-Mitgliedern, deren Energieversorgung zu hundert Prozent von Russland abhängt, rasche Hilfe zugesagt. Wie Europa aber binnen kurzer Zeit gleich mehrere seiner Mitglieder auf andere Gas- und Öl-Lieferanten umstellen will, ist ungeklärt.

„Das wird ein Gipfel der scharfen Töne“, hieß es am Mittwoch, „aber auch der diplomatischen Angebote“. So drängt die EU die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), jetzt endlich eine „breit angelegte Beobachtermission“ in allen Teilen der Ukraine zu starten, um „vor Ort Gesicht zu zeigen und präsent zu sein“. Gleichzeitig will Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar ihren mehrfach von Präsident Wladimir Putin abgelehnten Vorschlag einer Kontaktgruppe neu auflegen, um alle Parteien an einen Tisch zu bringen.

„Es gibt Signale aus dem Kreml, die man durchaus positiv werten könnte“, gab sich ein hoher EU-Diplomat gebremst optimistisch. „Wenn ich Putin wäre, würde ich jetzt Ja sagen“, ergänzte er. Hintergrund dieses Hinweises ist der nächste Woche geplante EU-USA-Gipfel in Brüssel. Spätestens dann könnten Europäer und Amerikaner ihre Fronten gegenüber Moskau schließen und klare Absprachen über die nächsten Sanktionen treffen.

 
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