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ATHEN
Die „Taliban vom Berg Athos“
Von unserem Korrespondenten Gerd Höhler
 |  aktualisiert: 31.07.2013 19:35 Uhr

Auf Molotowcocktails musste man in Griechenland bisher eigentlich nur gefasst sein, wenn linke Chaoten gegen das Sparprogramm protestieren. Aber jetzt fliegen die Brandflaschen auch auf dem Heiligen Berg Athos, der Mönchsrepublik auf der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki. Dort schwelt seit fast 50 Jahren ein Glaubenskonflikt, der jetzt zu eskalieren droht.

Einen solchen Empfang hatte der Gerichtsdiener wohl nicht erwartet, als er an die Pforte des Klosters Esfigmenou auf dem Heiligen Berg klopfte. Der Beamte sollte den Mönchen einen Räumungsbeschluss des Landgerichts Chalkidiki übergeben. Das baufällige Kloster muss dringend renoviert werden. Doch statt der Tür öffneten sich die Fensterläden in den oberen Stockwerken des Klosters. Von dort prasselten allerlei Wurfgeschosse auf den Gerichtsdiener herab, darunter mindestens drei Molotowcocktails, wie Polizeibeamte vor Ort berichteten. Zum Glück verfehlten die gefährlichen Geschosse ihr Ziel. Ob und wie der Räumungsbeschluss vollstreckt werden kann, ist offen.

Die Vorgeschichte beginnt im Jahr 1964. Damals brachen die Mönche von Esfigmenou mit der orthodoxen Kirchenleitung und den anderen 19 Athos-Klöstern. Der Grund: Ein Treffen des damaligen orthodoxen Patriarchen Athinagoras mit Papst Paul VI., das erste Treffen eines orthodoxen Oberhirten mit einem Pontifex seit der Kirchenspaltung von 1054.

Niemand in der Mönchsrepublik Athos legt den orthodoxen Glauben so streng aus wie die Fundamentalisten im Kloster Esfigmenou. Die „Taliban vom Athos“ leben wie im Mittelalter. 2002 erklärte das orthodoxe Patriarchat die Esfigmenou-Mönche zu Schismatikern, Kirchenspaltern, und forderte sie auf, das Kloster zu verlassen. Aber die dachten nicht daran. Wochenlang belagerte die Polizei damals das Kloster – vergeblich. 2006 entschied das oberste griechische Verwaltungsgericht, dass die Räumungsverfügung des Patriarchats rechtmäßig sei. Doch die Mönche ignorierten dieses Urteil ebenso wie jetzt den Räumungsbescheid des Landgerichts. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der Molotowcocktails. Die Mönche wollen nicht aufgeben. „Orthodoxie oder Tod“ steht auf der Klostermauer.

 
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