Nach dem Rücktritt von Simbabwes Langzeitpräsident Robert Mugabe soll dessen Nachfolger Emmerson Mnangagwa (75) bereits am Freitag vereidigt werden. Der frühere Vizepräsident befand sich zuletzt im Exil in Südafrika. Als Mugabe 1999 begann, weiße Farmer illegal zu enteignen, war Heinrich von Pezold einer der ersten, die von den Schergen des Diktators überfallen und bedroht wurden. Doch der Sohn habsburgischer Landadliger mit deutschem, österreichischem und schweizerischem Pass, ließ sich nicht einschüchtern. Heute ist er einer der letzten weißen Farmer in dem heruntergewirtschafteten Land. Seine Eltern hatten die Forrester Estate-Farm 1988 gekauft. Damals, Simbabwe war gerade seit acht Jahren unabhängig, umwarb Mugabe noch ausländische Investoren. Auf dem 20 000 Hektar großen Land anderthalb Autostunden nördlich der Hauptstadt Harare baut der 45-Jährige mit 2000 Angestellten Tabak, Gemüse, Soja, Weizen und Zitrusfrüchte an und züchtet Rinder. Rund ein Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche von Forrester Estate war über 15 Jahre von Mugabe-Getreuen besetzt und konnte nicht bewirtschaftet werden.
Heinrich von Pezold: Euphorisch! Vergleichbar mit der Stimmung in der DDR nach dem Fall der Mauer. Und zwar über alle Grenzen hinweg. Egal, ob Schwarz oder Weiß, Parteimitglied oder nicht, Arm oder Reich – alle freuen sich, dass Mugabe endgültig der Geschichte angehört. Nur Mugabe selbst, seine Frau Grace, seine Familie und jene Bonzen, die bislang direkt an den Trögen saßen, sind natürlich nicht glücklich über die jüngsten Entwicklungen.
von Pezold: Das hoffe und denke ich. Es hat sich gezeigt, dass die Polizei, die in Teilen bis zuletzt zu Mugabe hielt, der Armee unterlegen ist. Die Armee war bis zum Putsch verhasst, doch jetzt ist sie zum Sympathieträger avanciert. Sie wird diesen Status nicht verspielen wollen und ist deshalb nicht an einer Eskalation interessiert.
von Pezold: Nein. Außer für die wenigen Eingeweihten kam das für alle Menschen in Simbabwe absolut überraschend.
von Pezold: Das hat drei Gründe. Erstens: Die Wirtschaft ist am Boden, das Land steht kurz vor dem Kollaps. Zweitens: Vizepräsident Emmerson Mnangagwa, der lange als gesetzter Nachfolger Mugabes galt, hat nicht akzeptiert, dass er von Mugabe entlassen wurde, um Platz für seine Frau Grace zu machen. Und drittens: Mugabe ist 93 Jahre alt und geistig nicht mehr in der Lage, das Land zu führen.
von Pezold: Ich denke, alles ist besser als Mugabe. Mnangagwa ist schlau. Aber mit der Absetzung Mugabes handelte er zusammen mit dem Militär nicht aus persönlicher Überzeugung, sondern sogar gegen seine politischen Instinkte. Er gehörte bis vor kurzem zu Mugabes innerem Machtzirkel – und das seit den 80er-Jahren. Er war der Mann fürs Grobe, der auch vor Gräueltaten nicht zurückschreckte. Aber jetzt hat er offenbar erkannt, dass Mugabe zu weit gegangen ist. Mnangagwa zog quasi die Notbremse. Er wollte immer schon an die Macht. Jetzt ist er dort angekommen. Ich hoffe, er nutzt sie nicht zu seinem persönlichen Vorteil, sondern zum Wohl des Landes und seiner Bewohner.
von Pezold: Absolut. Für sie empfindet die Bevölkerung nicht nur wegen ihrer Prunksucht nichts als tiefste Verachtung. In Simbabwe spielen Bildung und Bildungsabschlüsse eine nicht zu überschätzende Rolle. Dass der alte Mugabe seiner über 40 Jahre jüngeren ehemaligen Sekretärin nach nur wenigen Wochen „Forschung“ einen Doktortitel verliehen hat, hat die Bevölkerung den beiden nicht verziehen. Als First Lady war Grace Mugabe noch irgendwie erträglich. Aber die Vorstellung, dass sie Regierungschefin wird, war für die Bevölkerung unerträglich. Und das hat nichts mit Chauvinismus zu tun. Wäre Mugabe noch halbwegs zurechnungsfähig und nicht völlig abgehoben, hätte er sie niemals als seine Nachfolgerin aufgebaut.
von Pezold: Möglicherweise hat die Parteiführung ihm für den schnellen Rücktritt einen Deal angeboten, der ihm weitere große Demütigungen ersparen wird. Ich halte es jedoch auch nicht für ausgeschlossen, dass er sich für seine Verbrechen in Simbabwe wird verantworten müssen. Vielleicht wird er jedoch versuchen, sich dem zu entziehen, indem er sich mit seiner Familie ins Ausland absetzt.
von Pezold: Möglichst weit weg. In der Region wird er nicht bleiben können. Möglicherweise geht die Familie nach Malaysia. Mugabe hat dort große Reichtümer. Allerdings müssten wohl vor
allem seine Söhne dort ihren Lebensstil ändern. Sich mit Huren und Drogen die Zeit zu vertreiben, wird dort nicht akzeptiert werden.
von Pezold: Ich bin vorsichtig optimistisch, dass Simbabwe, das in den letzten Jahrzehnten von einer wahnsinnigen Regierung zugrundegewirtschaftet wurde, jetzt endlich sein volles Potenzial entfalten kann. Die im afrikanischen Vergleich sehr gut ausgebildete Bevölkerung und die naturgeografischen Gegebenheiten bieten dafür sehr gute Voraussetzungen.