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BERLIN
Die Sklaven sollen befreit werden
ICOAST-FRANCE-DIPLOMACY-AFRICA-SUMMIT       -  Der französische Präsident Emmanuel Macron (links) wurde am Donnerstag in Abidjan herzlich begrüßt. Er nahm am EU-Afrika-Gipfel teil.
Foto: ISSOUF SANOGO, afp | Der französische Präsident Emmanuel Macron (links) wurde am Donnerstag in Abidjan herzlich begrüßt. Er nahm am EU-Afrika-Gipfel teil.
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 08.12.2017 03:21 Uhr

Aufgerüttelt von Berichten über afrikanische Migranten, die in Libyen als Sklaven verkauft werden, haben mehrere europäische und afrikanische Staaten, darunter Deutschland, sofortige Gegenmaßnahmen beschlossen. Opfer von Menschenhändlern sollen demnach aus Libyen herausgeholt und in ihre Heimatländer oder sichere Drittstaaten gebracht werden.

Mit den „Notfall-Evakuierungen“ soll bereits in den kommenden Tagen oder Wochen begonnen werden, so Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einer Dringlichkeitssitzung am Rande des EU-Afrika-Gipfels. An dem Treffen in Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste, nahmen Vertreter der Vereinten Nationen, etlicher Staaten der Afrikanischen Union und der Europäischen Union teil – auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel

Das von Bürgerkriegen geschüttelte Libyen ist das Nadelöhr, durch das Hundertausende von Migranten nach Europa drängen. Ein Großteil stammt aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara, sie machen sich auf den Weg, um Elend, Armut oder Unterdrückung zu entkommen, weil sie von einer besseren Zukunft im Norden träumen.

Bis zu einer Million Flüchtlinge

Doch für viele der meist jungen Migranten endet die Reise in Libyen. Dort werden sie nicht selten misshandelt, missbraucht und offenbar sogar auf Sklavenmärkten verkauft. Nach Schätzungen internationaler Organisationen sitzen bis zu einer Million Migranten in Libyen fest. Weil etwa die libysche Küstenwache immer mehr Schlepperboote im Mittelmeer aufhält, werden es immer mehr.

Hilfsorganisationen berichten seit langem von menschenunwürdigen Zuständen in libyschen Flüchtlingslagern. Mitte November hat nun der amerikanische Nachrichtensender CNN über Fälle von Menschenhandel berichtet, Bilder gezeigt, wie junge Afrikaner von einem „Auktionator“ angepriesen werden: „Große starke Burschen für die Feldarbeit.“

Die schrecklichen, heimlich gefilmten Aufnahmen dokumentieren, wie traumatisierte Menschen für den Gegenwert von einigen Hundert Euro in ein elendes Schicksal gezwungen werden. In Afrika haben diese Bilder in den vergangenen Wochen für Entsetzen gesorgt, an das alte Trauma der organisierten Sklaverei erinnert. Und beim EU-Afrika-Gipfel führte die Besorgnis über die dramatische Menschenrechtslage nun zu der Einigung, ausreisewillige Migranten so schnell wie möglich auszufliegen.

Der libysche Ministerpräsident Faijs al-Sarradsch sagte zu, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) Zugang zu den Lagern in dem von ihm kontrollierten Gebiet zu gewähren. Allerdings hat Sarradsch nur in einem Teil des nach dem Sturz des Diktators Gaddafi im Jahr 2011 zerfallenen Landes die Macht – weite Landstriche werden von verschiedenen Milizen kontrolliert. In einem ersten Schritt sollen 3800 Flüchtlinge aus einem Lager in Tripolis profitieren. Es handelt sich hauptsächlich um Westafrikaner, darunter viele Frauen und Kinder. Nach dem Plan soll die IOM die Migranten dabei unterstützen, freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückzukehren. Die Europäische Union will mit Rückkehr- und Starthilfen dafür sorgen, dass die Menschen ohne Gesichtsverlust in ihre Heimat zurückkehren können.

Nach Tschad und Niger

Politisch Verfolgte oder Bürgerkriegsflüchtlinge sollen zunächst in die afrikanischen Länder Tschad und Niger gebracht und von dort aus in andere aufnahmewillige Staaten umverteilt werden. Dies könnten Länder der Europäischen Union oder außerhalb der EU sein. Afrikanische Staaten, darunter Marokko, das Flugzeuge zur Verfügung stellt, wollen für den Transport der Rückkehrer aufkommen.

Vertreter von EU und Afrikanischer Union einigten sich in Abidjan zudem darauf, im Kampf gegen kriminelle Schleuserbanden enger zusammenzuarbeiten. Auch in den Bereichen Sicherheit, Bildung und wirtschaftlicher Zusammenarbeit solle enger kooperiert werden.

Bundesentwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) begrüßt die Initiative zur Evakuierung von Flüchtlingen aus Libyen. „Aus humanitärer Sicht ist das ein Durchbruch. Ich fordere seit langem, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk Zugang zu allen libyschen Flüchtlingslagern bekommt.“ An engeren und fairen Handelsbeziehungen mit den Ländern Afrikas führe kein Weg vorbei: „Afrikas Jugend braucht Zukunft. Sonst kommt sie zu uns.“

 
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