Marco Rubio geht aus der letzten TV-Schlacht vor den Vorwahlen in New Hampshire angeschlagen hervor: Der junge Star im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur leistete sich am Samstag beim ersten konzertierten Angriff seiner Rivalen massive Aussetzer. Auch seinem Senatskollegen Ted Cruz, der vor einer Woche in Iowa die meisten Stimmen geholt hatte, gelang nur ein mäßiger Auftritt. Gewinner des Abends waren drei erfahrene Gouverneure – und Donald Trump, der mit Aussagen zum Thema Waterboarding Furore machte.
Rubio hätte es kommen sehen müssen: Vor einer Woche ist der 44-Jährige der Vorstoß in die Spitze des republikanischen Feldes gelungen; seither geißelt die Konkurrenz seine vorgestanzten Reden genauso wie die karge Bilanz im Senat und vermeintliches Duckmäusertum. Als New Jerseys Gouverneur Chris Christie am Samstag in der ABC-Debatte angreift, hat Rubio trotzdem nichts zu bieten: Er startet eine Ausweichsuada über Präsident Barack Obama und wiederholt sie, als Christie nicht lockerlässt, wie eine gesprungene Platte.
Buhrufe für Trump
Insgesamt fünfmal serviert der sonst so geschliffene Redner an diesem Abend die gleiche Passage, größtenteils wortidentisch. Einen halbherzigen Gegenangriff nimmt Christie kalt auseinander. „So ist das in Washington“, erklärt er dem Publikum, das den irritierten Rubio ausbuht: „Erst eine Attacke mit falschen Informationen, dann die auswendig gelernten 25-Sekunden-Soundbites, die seine Berater ihm gegeben haben.“ Gouverneure könnten sich das nicht leisten, die müssten echte Probleme lösen. Floridas Ex-Regierungschef Jeb Bush schlägt in die gleiche Kerbe: Einen rhetorisch brillanten Anfänger habe das Land 2008 schon einmal gewählt, das sei nicht genug.
Auch Cruz hat keinen guten Abend. Als die Moderatoren den feurigen Redner bitten, seine Kritik am Charakter Donald Trumps zu wiederholen, weicht er mehrfach aus; später adoptiert er Trumps Plan einer Mauer an der mexikanischen Grenze und schlägt den Immobilienzar gleich noch als Bauherrn vor. Trump beugt sich genüsslich zum Mikrofon: „Die Leute geben klein bei, wenn sie mir begegnen“, erklärt er. „Wir werden gewinnen und gewinnen und gewinnen!“
Trump gibt sich zivil und sachlich an diesem Abend, aber ganz beherrschen kann er sich nicht. Als Bush ihm vorwirft, Enteignungsverfahren gegen Senioren instrumentalisiert zu haben, wird er respektlos: „Lass mich reden, Ruhe!“, bescheidet er den ergrauten Präsidentenbruder. Nun wird Trump ausgebuht. Im Saal säßen ohnehin nur Spender des Establishments, erklärt er daraufhin den Kameras.
Streit um Foltermethoden
Weil seine Rivalen sich auf Rubio einschießen, bleibt der umstrittene Trump sonst weitgehend unbehelligt. Dennoch sorgt er für Schlagzeilen: Als Einziger spricht er sich im Kampf gegen den Terrorismus nicht nur für Waterboarding aus, sondern geht darüber hinaus: „Ich würde Dinge wieder einführen, die zur Hölle noch mal viel schlimmer sind als Waterboarding.“
Christie hat bereits wissen lassen, dass er Verhörpraktiken, die unter George W. Bush als legal galten, nicht ausschließt. Ted Cruz will simuliertes Ertränken in Ausnahmefällen einsetzen. Rubio legt sich nicht fest, das gilt auch für Neurochirurg Ben Carson.
Nur Bush spricht sich am Samstag klar gegen die Praxis aus. Angesichts des Kampfes gegen den Islamischen Staat fordert er aber gemeinsam mit Rubio, das Gefängnis Guantanamo auf Kuba nicht zu schließen, sondern zu erweitern: „Aus irgendeinem Grund ist es akzeptabler geworden, Menschen per Drohne zu töten als sie gefangen zu nehmen und zu verhören“, klagt er. Der 62-Jährige, der von zahlreichen Militärs unterstützt wird, erhält nach seinem Schlussplädoyer langen Applaus.
Auch John Kasich macht eine gute Figur. Ohios Gouverneur präsentiert sich als unideologischer Pragmatiker mit optimistischem Ton und Herz für sozial Schwache – eine Botschaft, die in New Hampshire seit Tagen mit steigenden Umfragewerten honoriert wird. Am Dienstag findet in dem 1,3-Millionen-Einwohner-Staat für beide Parteien die nächste Runde der Vorwahlen statt. Es wird erwartet, dass danach bei den Republikanern einige Kandidaten das Handtuch werfen. Außer den genannten Sieben sind noch die ehemalige Hewlett-Packard-Chefin Carly Fiorina und Virginias früherer Gouverneur Jim Gilmore im Rennen. Die beiden waren aufgrund ihrer Umfragewerte zu der TV-Debatte nicht eingeladen.