Zu Hause, im Saarland, ist die Welt noch in Ordnung für Heiko Maas. Der Justizminister sei einer der profiliertesten Bundespolitiker der SPD und eine der tragenden Säulen der Großen Koalition, schwärmt der Vorsitzende des Kreisverbandes Saarlouis, Reinhold Jost. Einstimmig hat die Basis Maas in dieser Woche als Kandidat für die Bundestagswahl nominiert – ein Ticket nach Berlin ist dem 49-Jährigen damit auch in der nächsten Legislaturperiode so gut wie sicher.
In der Hauptstadt selbst fallen die Begeisterungsstürme inzwischen um einiges schwächer aus. Nach einer ganzen Serie von Pannen und Ungeschicklichkeiten wie seiner Begeisterung für eine Band aus dem linksextremistischen Spektrum oder seinem rasanten Kurswechsel im Streit um die Vorratsdatenspeicherung musste der Justizminister jetzt auch noch einräumen, dass ein vertrauliches Protokoll aus seinem Haus versehentlich an den Internet-Blog netzpolitik.org herausgegeben wurde – ein Portal, gegen das im vergangenen Jahr wegen Landesverrates ermittelt wurde, weil es aus internen Papieren der Geheimdienste über eine verstärkte Überwachung des Internets in Deutschland berichtet hatte. Maas selbst spricht von einem „Irrtum“ und hofft, dass die Sache damit ausgestanden ist.
Die „Bild“-Zeitung allerdings titelt schon plakativ-subversiv „Das Maas ist voll“ und hat mit der hessischen Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) auch eine Anklägerin gefunden, die den Rücktritt des SPD-Mannes fordert.
So weit wird es zwar kaum kommen, da die Sozialdemokraten noch treu zu ihrem Heiko halten. Pikant aber ist der Vorgang gleichwohl. Bei dem Protokoll, das vom Bundestag als vertraulich eingestuft wurde, handelt es sich um die Mitschrift einer Sitzung des Rechtsausschusses, in der der von Maas entlassene Generalbundesanwalt Harald Range mehrfach betont, er sei vom Justizminister praktisch gezwungen worden, die Ermittlungen wegen Landesverrates gegen die beiden Betreiber des Blogs einzustellen. Maas selbst bestreitet das – wohl wissend, dass es ihn sein Amt kosten würde, wenn er Einfluss auf ein laufendes Verfahren genommen hätte.
Vor ein paar Wochen, im Fall des Fernsehsternchens Gina-Lisa Lohfink war der umtriebige Saarländer schon einmal mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert worden. Damals wurde kein Geringerer als Finanzminister Wolfgang Schäuble mit den Worten zitiert, ein anständiger Minister würde jetzt zurücktreten.
Diesmal ist es „nur“ die zweite Reihe der Union, die Stimmung gegen Maas macht. Es befremde ihn sehr, dass ausgerechnet der Verfassungsminister das Papier herausgegeben habe, sagt der CDU-Abgeordnete Jan-Marko Luczak. Seine Parteifreundin Elisabeth Winklmeier-Becker spricht von einem klaren Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Bundestages. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, die Grüne Renate Künast, hat sich sogar formell bei Parlamentspräsident Norbert Lammert beschwert.