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STRASSBURG
Die Merkel-Hollande-Botschaft
reda
 |  aktualisiert: 07.10.2015 19:36 Uhr

Den „historischen Moment“ hatte Martin Schulz schon vorab ausgemacht. Als der Präsident des Europäischen Parlamentes am gestrigen Mittwochnachmittag Angela Merkel und François Hollande ansagen konnte, waren alle Augen auf diesen Doppelauftritt in Straßburg gerichtet – zum ersten Mal nach 26 Jahren standen eine deutsche Bundeskanzlerin und ein französischer Staatspräsident wieder nebeneinander.

„Damals wehte der Wind der Freiheit über Europa hinweg“, beschrieb Hollande die Situation, als Helmut Kohl und François Mitterrand nach Straßburg kamen. „Heute steht die Union vor einer Bewährungsprobe historischen Ausmaßes“, konstatierte Merkel. Nach der Finanz- und der Schuldenkrise, nach den Problemen mit Griechenlands Sanierung sehe man sich nun der „Welle der Flüchtlinge, die vor schrecklichen Kriegen“ geflüchtet seien, gegenüber. Merkel und Hollande gelten in ihrer Heimat nicht als begnadete Redner. Doch in dieser Stunde scheuten sie sich nicht, Tacheles zu reden.

Europa habe zu spät verstanden, dass die Bürgerkriege in Syrien, im arabischen Raum und in Nordafrika auch Konsequenzen für die Gemeinschaft haben würden, bilanzierte Hollande selbstkritisch. „Aber wenn jetzt jeder für sich agiert, ist das das Ende Europas“, betonte er und zitierte am Schluss sogar sein Vorbild Mitterrand, der vor 26 Jahren angesichts des Zusammenbruchs der Berliner Mauer gemahnt hatte: „Nationalismus ist Krieg.“

Die Bundeskanzlerin bilanzierte nicht weniger deutlich, die Überwindung des Gegensatzes von Ost und West sei „ein Erfolgsmodell“. Und genauso müssten die Staaten jetzt „zusammenstehen“. In der Flüchtlingskrise bedeute das: „Wir dürfen nicht dem Versuch erliegen, in nationalstaatliches Handeln zurückzufallen.“ Merkel: „Wenn wir das tun, verraten wir uns selbst. Wenn wir aber gemeinsam handeln und tun, was wir beschlossen haben, werden wir diese historische Krise schaffen.“

Um diesen Weg zu gehen, plädierten beide Staatenlenker für eine weitgehende Neuorientierung der EU. „Unsere Außen- und Entwicklungspolitik muss weitaus stärker als bisher darauf ausgerichtet werden, Konflikte in unserer Nachbarschaft zu lösen“, forderte die Kanzlerin.

Mit Sanktionen drohen

Und auch der französische Staatspräsident stellte fest: „Ich will Europa zu einer politischen Gemeinschaft weiterentwickeln, in der es Werte und Regeln gibt, zu denen alle stehen und die alle verteidigen.“ Die Union müsse in der Flüchtlingsfrage die gefassten Beschlüsse umsetzen, dazu zählte Hollande neben dem verstärkten Schutz der Außengrenzen und der Verteilung von Asylbewerbern auf alle Mitgliedstaaten auch den beschleunigten Vollzug von Abschiebungen derer, die kein Recht auf Asyl beanspruchen können. Merkel wurde in diesem Punkt sogar noch unmissverständlicher: „Wir müssen denen sagen, dass sie nicht bleiben können, damit wir denen, die Schutz brauchen, auch Schutz gewähren können.

“ Aufbruchstimmung, die beide verbreiten wollten – genau einen Tag, bevor am heutigen Donnerstag die Innenminister der EU in Luxemburg zusammenkommen.

Dem Vernehmen nach sollen sie die europäische Grenzschutzagentur Frontex damit beauftragen, rund 400 000 Flüchtlinge, denen kein Bleiberecht gewährt wird, „sofort in ihre Herkunftsländer“ abzuschieben. Staaten, die sich weigern, ihre Bürger wieder aufzunehmen, will man demnach mit Sanktionen wie dem Entzug der Entwicklungshilfe drohen.

Von den 751 Abgeordneten gab es Zustimmung und deutliche Kritik. Dennoch waren sich die meisten einig: Es war wichtig, dass Merkel und Hollande zusammen in Straßburg waren.

 
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