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SIMFEROPOL
Die Krim macht Putin die Tür auf
reda
 |  aktualisiert: 16.03.2014 18:50 Uhr

Stolz hält Ljubow Michailowa ihren Stimmzettel in die Höhe. Jeder soll sehen, dass sie für den Beitritt der Krim zu Russland gestimmt hat. „Das ist unsere Heimat, unser Vaterland“, sagt die 53-Jährige an diesem grauen Märztag in der Krim-Hauptstadt Simferopol. „Domoi w Rossiju“ – nach Hause nach Russland, lautet der Slogan der moskautreuen Führung der Halbinsel. Weit mehr als die Hälfte der Einwohner sind ethnische Russen, auch deshalb rechnet der selbst ernannte Regierungschef Sergej Aksjonow mit einer überwältigenden Mehrheit für den Beitritt und für eine Abspaltung von der Ukraine. Dass die EU und die USA das Referendum nicht anerkennen wollen, ficht kaum einen an.

„Das ist doch unser gutes Recht, als Volk über unser eigenes Schicksal zu bestimmen“, meint der Bauarbeiter Jewgeni. Auch er hat für Russland gestimmt. „Da wohnen meine Verwandten. Und außerdem herrscht dort kein Chaos wie in Kiew.“

Die Machtübernahme der prowestlichen Führung um Regierungschef Arseni Jazenjuk in der 800 Kilometer entfernten Hauptstadt hat viele auf der Krim verängstigt. Sie befürchten, als russische Muttersprachler und enge Handelspartner des Nachbarlandes unterdrückt zu werden.

Wichtig ist aber auch: In Russland gibt es mehr Geld. 9917 Rubel (195 Euro) erhielten Rentner in Russland monatlich im Durchschnitt – fast doppelt so viel wie in der Ukraine. Mit Zuschlägen ist es bei vielen deutlich mehr.

So zeigt es eine Grafik, die prorussische Aktivisten am Leninplatz im Herzen von Simferopol angebracht haben. Vor dem Denkmal des russischen Revolutionsführers wehen Krim-Fahnen, mit ihrem Blau-Weiß-Rot ähneln sie der russischen Flagge sehr.

Auch die Enkel des Rentners Nikolai dürfen eine Fahne schwenken, wenngleich die dreijährige Darja lieber den Vögeln hinterherrennen würde. Nikolai hat sich als Mitglied der Bürgerwehr verpflichten lassen; stolz trägt er die rote Binde mit der Aufschrift „Freunde der Krim“ am Arm.

„Ich war fünf Jahre alt, als sie mich verschenkt haben“, erzählt der 65-Jährige – Sowjetführer Nikita Chruschtschow hatte die russische Krim 1954 mit einem Federstrich der Ukraine vermacht. Ein Lächeln spielt um Nikolais Mund. „Jetzt kehren wir nach Hause zurück“, sagt er und blickt versonnen über das Fahnenmeer.

Aber nicht alle sind glücklich. Die muslimische Minderheit der Tataren, die traditionell proukrainisch gestimmt sind, boykottiert zum Großteil die Volksbefragung.

Und auch Ukrainer lehnen das Referendum als illegal ab. „Wie können wir denn unabhängig eine Wahl treffen, wenn überall Bewaffnete herumstehen“, meint der 33 Jahre alte Unternehmer Dmitri.

An den Wahllokalen sind keine Paramilitärs zu sehen. Aber Männer in Uniformen ohne Hoheitsabzeichen haben die ukrainischen Kasernen auf der Krim umstellt. Es sind mit großer Wahrscheinlichkeit russische Soldaten. Zudem bewachen prorussische Schlägertrupps und Kosaken mit Peitschen im Gürtel wichtige Gebäude. Maskierte mit Maschinenpistolen beobachten den Verkehr. Das sei nur zum Schutz vor Faschisten und Ultranationalisten aus Kiew und der Westukraine, wiegeln die Behörden ab. „Die Krim ist der stabilste Ort der ganzen Ukraine“, sagt der moskautreue Parlamentschef Wladimir Konstantinow.

Auf der Straße in die Hafenstadt Sewastopol, dem Sitz der russischen Schwarzmeerflotte, haben Uniformierte einen Kontrollpunkt errichtet. Lang staut sich der Verkehr, während die Männer Papiere prüfen und Kofferräume kontrollieren. In Sewastopol ist die Vorfreude groß. „Wir sind doch jetzt schon eine russische Stadt“, meint der Minibusfahrer Wadim. Ukrainisch spricht kaum einer der 350 000 Einwohner.

Auf der Hafenpromenade posiert ein Mann stolz mit der weiß-blau-roten Flagge, im Hintergrund blockiert ein russisches Kriegsschiff die Einfahrt, damit die ukrainischen Boote nicht auslaufen können.

Die Krim-Führung will die Flotte beschlagnahmen. Kaum ein Passant in Sewastopol, der nicht zumindest das orange-schwarze Georgsband als Zeichen seiner Russlandtreue am Revers trägt. Ausgelassen wartet eine Gruppe Jugendlicher auf dem zentralen Nachimow-Platz auf ein angekündigtes Konzert. Hier soll am Abend die große Siegesfeier steigen. „Dann gehören wir auch offiziell wieder zu Russland“, sagt Wadim.

 
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