Der Bundesrat hat die Entscheidung, ob Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien als „sichere Herkunftsländer“ für Flüchtlinge eingestuft werden sollen, vertagt. Die thüringische Landesregierung hatte am Freitag einen entsprechenden Antrag gestellt. Zuvor war klar geworden, dass ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung in der Länderkammer keine Mehrheit finden würde. Denn die Grünen, die in neun Bundesländern mitregieren lehnen das Vorhaben ab. Lediglich Baden-Württembergs grüner Landesvater Winfried Kretschmann hätte nach eigenen Angaben zugestimmt – doch in seiner Partei steht er mit dieser Haltung fast allein da.
Der im Januar vom Bundestag gebilligte Plan von Union und SPD sieht vor, die drei nordafrikanischen Staaten und die Ex-Sowjetrepublik im Kaukasus auf die Liste der sicheren Herkunftsländer zu setzen. Als sicher gilt ein Land dann, wenn vermutet wird, dass es dort in der Regel keine politische Verfolgung oder Menschenrechtsverstöße gibt.
Bei Asylbewerbern aus solchen Ländern sind schnellere Verfahren und Abschiebungen möglich. Die Grünen haben große Vorbehalte gegen das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten insgesamt und halten die Maghreb-Länder etwa für Gewerkschafter, Frauen und Homosexuelle für gefährlich.
Ein neuer Termin für die Abstimmung steht noch nicht fest. In der Union sorgt die Vertagung für Frust. So sagt Volker Ullrich, Sprecher der CSU im Bundestag: „Dieses Abstimmungs-Manöver einiger Länder kann ich nicht nachvollziehen. Wir brauchen diesen Baustein für eine Ordnung der Migration.“
Alexander Throm (CDU), zuständiger Berichterstatter der Unionsfraktion kritisiert: „Die Blockadehaltung der Grünen ist verantwortungslos.“ Die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus den vier Ländern sei „verschwindend gering“. Dies bedeute, „dass nahezu alle dieser Migranten einen Asylmissbrauch begehen.“ Für Throm halten die Grünen „ihre schützende Hand über die falsche Personengruppe.“
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei hofft, dass es bald doch noch zu einer Einigung kommt. „Wir möchten das Angebot unterbreiten, noch einmal gründlich in Gespräche einzutreten“, sagte er.
Über Asylpolitik streitet auch die Große Koalition wieder. Die SPD kritisiert heftig den am Donnerstag verbreiteten Gesetzentwurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zur besseren Durchsetzung von Abschiebungen. Er sieht unter anderem vor, dass abgelehnte Asylbewerber, die wegen Sozialleistungsbetrugs oder anderer Delikte verurteilt wurden, leichter abgeschoben werden können. Zudem sollen künftig Menschen bestraft werden, die Betroffene vor einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung warnen.
„Ich halte es für wesentlich wichtiger, bestehende Vorschriften konsequent umzusetzen als ständig neue Gesetze zu ersinnen. Dafür muss der Bundesinnenminister sorgen, das erwarten wir von ihm“, sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka.
Dagegen warnte der baden-württembergische Innenminister und CDU-Bundesvize Thomas Strobl davor, den Gesetzentwurf zu verwässern: „Abschiebungen scheitern zu oft, weil die Ausreisepflichtigen es zu leicht haben, die Abschiebung zu sabotieren und platzen zu lassen.“