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BERLIN/ROM
Die Kinder und „das Gott“
Redaktion
 |  aktualisiert: 21.12.2012 19:54 Uhr

(dpa/KNA) Theologen mögen es anders sehen – doch für manche Unionspolitiker ist Kristina Schröders Idee unvorstellbar, lieber „das Gott“ statt „der Gott“ zu sagen. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) sagte über die Äußerung der Bundesfamilienministerin: „Dieser verkopfte Quatsch macht mich sprachlos. Ich finde es traurig, wenn unseren Kindern aus lauter Unsicherheit und political correctness die starken Bilder genommen werden, die für ihre Fantasie so wichtig sind.“

Auch die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche (CDU), findet die Idee ihrer Parteifreundin Schröder absurd: „Der liebe Gott bleibt der liebe Gott!“ Ebenfalls kritisch äußerte sich der konservative Rechtspolitiker Norbert Geis (CSU): „Gott ist uns von Christus als Vater offenbart. Dabei sollte es bleiben.“ Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer wurde politisch: „Anstatt immer wieder völlig sinnlose Debatten anzuzetteln, sollte die Ministerin einfach mal ihre Arbeit machen.“

Die Ministerin räumte ein: „Ich bin in einem Interview der „Zeit“ gefragt worden, wie ich einem kleinen Mädchen erkläre, warum es „der“ liebe Gott heißt und nicht „die“ liebe Gott. Bei meiner Antwort habe ich vielleicht zu sehr an das kleine Mädchen gedacht und nicht an die vielen Erwachsenen, die über meine Worte stolpern.“

Auch Schröders Sprecher Christoph Steegmans musste seiner Ministerin am Freitag in der Bundespressekonferenz beispringen. Er empfahl die Jesusbücher von Papst Benedikt XVI. sowie den Katechismus der katholischen Kirche zur Lektüre. Dort stehe eindeutig, dass Gott weder Mann noch Frau sei. Steegmans mahnte: „Man soll doch nun nicht päpstlicher sein als der Papst.“ Regierungssprecher Steffen Seibert pflichtete ihm bei: „Wer an Gott glaubt, dem ist der Artikel egal.“

Selbst von theologisch autorisierter Seite bekam Schröder Rückendeckung. Er könne die Aufregung nicht verstehen, sagte der Leiter des Kommissariats der katholischen Bischöfe in Berlin, Prälat Karl Jüsten. „Die Frage der Geschlechtlichkeit stellt sich bei Gott nicht. Es ist nur Gott.“

Jüsten sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, die Ministerin liege richtig, wenn sie aussagen wollte, dass die Gottesfrage nicht in den „Kategorien des Gendermainstreamings“ beantwortet werden könne. „Für uns Christen ist Gott Person und keine Sache. Wir nennen Gott unseren Vater.“ Sicher sei es schwierig, die Dreifaltigkeit Gottes einem eineinhalbjährigen Kind zu erklären, so Jüsten. „Dass Gott aber ein personaler Gott ist, zu dem wir Du sagen dürfen, dem wir alles anvertrauen dürfen, was uns bewegt, das kann man aber auch einem kleinen Kind vermitteln.“ Das sei die Kernbotschaft von Weihnachten.

Dennoch wollte ein Journalist von Schröders Sprecherin wissen, ob sie denn mit ihrer Tochter auch „das Vaterunser“ bete. Antwort Steegmans: „Die kleine Lotte ist gerade eineinhalb Jahre alt. Ich glaube, sie kann „Mama“ sagen.

Teilweise Unterstützung erhielt die Ministerin auch von evangelischer Seite, nämlich von Bayerns früherer Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), der Vize-Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ist: „Theologisch hat Frau Ministerin Schröder recht: Gott steht über den Geschlechtern. Aber emotional ist das nicht meine Welt; für mich ist es wichtig, Gott als Vater zu haben. Und Jesus als seinen Sohn. Und selbst als Protestant ist mir Maria als die Mutter Gottes wichtig.“

Ebenfalls am Freitag hat sich Papst Benedikt XVI. gegen die sogenannte Gender-Theorie gewandt. Deren „tiefe Unwahrheit“ sei „offenkundig“, sagte der Papst in seiner traditionellen Weihnachtsansprache vor der römischen Kurie. Diese Theorie betrachte das Geschlecht nicht als Vorgabe der Natur, sondern als soziale Rolle. Die Gender-Theorie führe zu einem Verschwinden der „Grundfiguren menschlicher Existenz“, betonte der Papst.

Wenn die festen Rollen Vater, Mutter, Kind fehlten, werde der Mensch als Ebenbild Gottes entwürdigt. „Wo die Freiheit des Machens zur Freiheit des Sich-selbst-Machens“ werde, führe dies „notwendigerweise zu einer Leugnung des Schöpfers selbst“. Zugleich äußerte sich das Kirchenoberhaupt besorgt über eine Bedrohung der Familie durch eine wachsende Bindungsunfähigkeit.

Ursachen seien ein falsches Selbstverständnis von Freiheit und Selbstverwirklichung sowie eine „Vision des Menschseins“, die Geschlechtlichkeit nicht mehr als Vorgabe der Natur, sondern als soziale Rolle definiere.

 
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