Am Obersten Gerichtshof, beim Handel und in der Außenpolitik könnte Barack Obama versuchen, selbst noch Pflöcke einzuschlagen. Aufgaben, die er hinterlässt, erfordern entschiedenes Handeln – schwierig, wenn die Frontstellung im Kongress andauert. Eine Übersicht über Herausforderungen.
Das Land ist politisch gespalten wie selten. Es wird sehr schwierig sein, die Lager nach dem giftigen Wahlkampf zusammenzuführen.
Beobachter rätseln, ob Obama bis Januar noch versuchen wird, seine Bilanz abzurunden. Als potenzielle Überraschung wird über das Ermöglichen einer UN-Resolution spekuliert, die Palästina anerkennt und Israel auf die Grenzen von 1967 zurückzwingt. Die Region bleibt in jedem Fall ein Problem. Kritiker der bisherigen Politik hoffen auf eine neue Chance, im syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat bleibt kompliziert. Der Atom-Deal mit dem Iran lässt den Mullahs mehr Geld für ihre Terrorfinanzierung.
Wie können russische Aggressionen in Schach gehalten werden? Leiten die Angriffe auf Server der US-Demokraten eine neue Ära des Cyber-Kriegs ein? Das prekäre Verhältnis zu China, schwierige Verbündete von Saudi-Arabien bis zur Türkei – vom Atomstaat Nordkorea ist da noch gar nicht gesprochen.
Diskussionen über Rassendiskriminierung, Polizeigewalt, Einkommens- oder Bildungsschere haben an Schärfe gewonnen. Viele Menschen nehmen durch neue Medien nur noch solche Nachrichten zu Kenntnis, die ihrem Weltbild entsprechen. Das untergräbt den sozialen Grundkonsens. Der nächste Präsident wird damit umgehen müssen.
Nach den Stimuluspaketen der letzten Krise stehen die USA mit 20 Billionen Dollar in der Kreide. Gespart werden müsste vor allem beim teuren Sozialsystem. Doch dazu ist niemand bereit. Stattdessen wollen Demokraten wie Republikaner Investitionen ins zweitklassige Bildungssystem und die marode Infrastruktur tätigen. Wenn die Wirtschaft dem Staat keine unverhofften Zusatzeinnahmen beschert, muss der nächste Präsident womöglich die Steuerschraube anziehen.
Der US-Wirtschaft geht es nach der Finanzkrise im weltweiten Vergleich heute gut. Unter ungünstigen Umständen fürchten Ökonomen aber eine neue Rezession. Weit oben auf der Liste möglicher Auslöser steht Europa, das angesichts von Brexit und mehreren wackligen Haushalten schwierigen Zeiten entgegensieht. Sparen muss die nächste US-Regierung ohnehin. Die Einschnitte könnten aber viel tiefer ausfallen als heute gedacht.
Fachleute glauben, dass die Probleme der Gesundheitsreform Obamacare leicht zu beseitigen wären, doch politisch gibt es große Hürden: Die Republikaner wollen das ganze Projekt unbedingt abschaffen. Für die Demokraten kommt das nicht in Frage. Ein zweites wichtiges Thema ist die kriselnde Gesundheitsversorgung von Militärveteranen.
Obama hat lange darüber nachdenken lassen, ob er eine US-Erstverwendung von Kernwaffen ausschließen soll. Sein Verteidigungsminister erteilte diesem Plan im September eine Absage, nicht aber anderen Veränderungen bei der Doktrin. Kommt noch eine Überraschung? Eine der größten internationalen Sorgen ist die unkontrollierte Weiterverbreitung von Nuklearmaterial.
Es steht die Entscheidung an, eine auf die nächsten 30 Jahre angesetzte Modernisierung der US-Atomwaffen umzusetzen oder abzuspecken. Ihre Befürworter halten sie mit Blick auf Projekte in Russland und anderen Ländern für notwendig. Russland hat zuletzt einen 16 Jahre alten Abrüstungsvertrag ausgesetzt.
Die Umweltbehörde EPA hat unter Obama das Recht errungen, Kohlendioxidemissionen ohne Kongress zu regulieren. Das lässt sich für strengere Vorschriften nutzen – aber auch dazu, die bislang geltenden zurückzufahren.
Derzeit ist am Obersten Gerichtshof eine Richterstelle vakant, in den nächsten Jahren könnten weitere frei werden. Das kann die Ausrichtung auf lange Sicht prägen.