Matthias Goebeler: Die Haut vergisst in der Tat nichts beziehungsweise nur wenig. Ein Sonnenbrand zeigt an, dass zu viel ultraviolettes Licht auf die Haut eingewirkt und möglicherweise schon Schäden, insbesondere in den Zellkernen der Hautzellen hervorgerufen hat. Dies kann dann mit Verzögerung, nach Jahren oder mitunter auch nach Jahrzehnten Folgen zeitigen, die Hautkrebs bedingen. UV-Strahlung bewirkt natürlich auch andere Phänomene, sie lässt beispielsweise die Haut altern und führt zu vermehrter Faltenbildung in den Arealen, die verstärkt dem Sonnenlicht ausgesetzt werden.
Goebeler: Wir sehen immer häufiger, dass bereits 30- und 40-Jährige Hautkrebs bekommen. Allerdings ist nicht jede Form des Hautkrebses zwingend eine Folge von Sonnenbestrahlung. Aber sie ist der wichtigste vermeidbare äußere Faktor für die verschiedenen Arten des Hautkrebses. Andere Formen können auch unabhängig davon auftreten, beispielsweise durch genetische Mutationen.
Goebeler: Das sind völlig verschiedene Tumorarten. Das Melanom, der schwarze Hautkrebs, ist der bösartigere Hauttumor. Besonders bei ihm besteht das Risiko, dass Tochtergeschwülste auftreten, die schwer behandelbar sind. Der weiße Hautkrebs ist der Sammelbegriff für zwei Tumorarten, die von den Deckzellen der Haut ausgehen: das Basaliom und das Plattenepithelkarzinom der Haut. Ein Übergang von einer in die andere Krebsart ist nicht zu erwarten, allerdings können verschiedene Hautkrebsarten zeitgleich auftreten.
Goebeler: Das Basaliom ist ein lokal wachsender Krebs. Wenn er nicht behandelt wird, ist er durchaus schädigend. Das Basaliom macht aber in der Regel keine Metastasen. In diesem Sinne ist die Diagnose für Betroffene erheblich günstiger. Auch die andere Form des weißen Hautkrebses, das Plattenepithelkarzinom, hat eine relativ günstige Prognose; es geht eher selten mit Metastasen einher. Wichtig ist, dass jeder Krebs, also auch der Hautkrebs, möglichst in frühen Stadien entdeckt wird. Deshalb ist die Krebsvorsorgeuntersuchung ab 35 Jahren sinnvoll. Zudem sollte sich jeder angewöhnen, einmal im Monat seine Haut genauer anzuschauen. Wer ungewöhnliche Veränderungen entdeckt, sollte einen Arzt aufsuchen.
Goebeler: Schwarzer und weißer Hautkrebs werden in der Regel operativ entfernt. Beim weißen Hautkrebs und auch bei frühen Stadien des Melanoms ist so eine dauerhafte Heilung häufig möglich. Beim Melanom hängt der Grad der Bösartigkeit davon ab, wie tief es bereits in die Haut eingedrungen ist: je tiefer, desto größer ist das Risiko, dass im Verlauf Metastasen auftreten. Die Therapiemöglichkeiten für metastasierte Melanome haben sich jüngst nach der Zulassung zweier neuartiger Medikamente deutlich verbessert.
Goebeler: Männer haben ein etwas erhöhtes Risiko an Melanomen zu erkranken als Frauen. Darüber hinaus werden krebsvorbeugende Maßnahmen wie das Hautkrebs-Screening mehr von Frauen als von Männern wahrgenommen. Das könnte mit erklären, dass bei ihnen häufiger fortgeschrittene Melanome entdeckt werden als bei Frauen. Erfreulicherweise zeigen erste Daten, dass das Hautkrebs-Screening in der Tat dazu beitragen kann, die Sterblichkeit für das Melanom zu reduzieren.
Goebeler: In beiden Fällen strahlt UV-A-und UV-B-Licht auf die Haut ein. Entscheidend ist die Art und Dosis der Strahlung, die auf die Haut einwirkt, unabhängig davon, ob man am Strand oder auf der Sonnenbank liegt. Aber: Solarien muss niemand zwingend nutzen. Deshalb raten Dermatologen generell vom Besuch ab. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist die Nutzung eines kommerziellen Sonnenstudios ohnehin gesetzlich verboten. Für die nicht vermeidbare Sonnenbestrahlung gilt: Es sollten keine übermäßigen UV-Dosen auf die Haut einwirken. Wichtig ist der Sonnenschutz. Die Verwendung von Sonnenschutzcreme sollte jedoch nicht dazu verleiten, die Aufenthaltsdauer in der Sonne zu verlängern. Sie dient lediglich dazu, die unvermeidbare Sonneneinstrahlung ohne Schäden zu überstehen.
Goebeler: Einst zeigten reiche oder adelige Bürger mit ihrer blassen Hautfarbe, dass sie es nicht nötig hatten, in der freien Natur zu arbeiten. Das hat sich mit der Zeit völlig gewandelt. Die französische Modedesignerin Coco Chanel propagierte in den 1920er Jahren, dass gebräunte Haut Gesundheit und Sportlichkeit vermittle und chic sei. Seither gilt Sonnenbräune als erstrebenswert und gesund. Diesem Trend müsste man dringend entgegenwirken.
Hautkrebszentrum
Seit 2010 gibt es das Hautkrebszentrum des Universitätsklinikums Würzburg, das von der deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert wurde. Es ist Teil des Comprehensive Cancer Centers Mainfranken, das Uniklinikum gehört somit zu den elf Spitzenforschungszentren für Krebs in Deutschland. Das Hautkrebszentrum ist an die Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie angegliedert. Klinikdirektor ist Professor Dr. Matthias Goebeler (Foto Uniklinikum). Der 48-jährige Experte für chronisch-entzündliche Hautkrankheiten sowie für Autoimmunerkrankungen der Haut kennt die Würzburger Hautklinik bereits seit seiner Facharztausbildung (1993 bis 1998). Im Anschluss war er dort bis 2004 als Oberarzt tätig. Seine Chefin war Professorin Eva-Bettina Bröcker, die er Anfang Oktober 2011 in der Leitung der Uni-Hautklinik ablöste.
Laut Auskunft von Professor Goebeler werden im Hautkrebszentrum pro Jahr rund 2500 Patienten betreut. „Wir beschäftigen uns dort mit allen Arten des Hautkrebses: mit schwarzem Hautkrebs, beiden Formen des weißen Hautkrebses und den seltenen Formen.“ Jedes Jahr kämen etwa 300 Neuerkrankungen allein beim Melanom hinzu. Eine wesentliche Verbesserung in der Versorgung der Hautkrebspatienten bestehe darin, dass einmal in der Woche Patienten mit aggressiven und metastasierten Tumorformen mit Kollegen aus anderen Fachdisziplinen in einer Tumorkonferenz besprochen werden.
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