Das Ibiza-Video hat Österreichs rechtspopulistische FPÖ zwar nicht zerstört. Doch im Anschluss an die Europawahl brechen erbitterte Flügelkämpfe aus.
Während am Dienstagabend das Parteipräsidium tagte, tauchten wohl kaum zufällig neue Hinweise auf Straches Jugend als Neonazi auf. Der Zeitschrift „Falter“ wurde eine 1990 von Strache verschickte Postkarte der rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ zugespielt, die einen Oberst der Wehrmacht und Nazi-Ritterkreuzträger zeigt. Überschrift: „Er hat seine Pflicht getan“. Unterzeichnet hat Strache mit „Deutsche Heilsgrüße“ und „Heil Deutschland“. Ein Foto zeigt ihn außerdem vor einer Karte Deutschlands in Vorkriegsgrenzen. Auf seiner Facebook-Seite erklärte Strache, beides habe nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun, sondern stamme von einer Deutschen Burschenschaftsveranstaltung.
Automatisch EU-Parlamentsabgeordneter
Strache hat noch nicht entschieden, ob er sein EU-Mandat annimmt, dass er mit rund 44 750 Vorzugsstimmen seiner Fans bekommen hat. „Nicht aus Unsicherheit, sondern vielmehr aufgrund meines unbedingten Willens und Wunsches, zunächst aufzuklären und erst dann für mich und meine Familie zu befinden, wie meine politische Zukunft aussehen wird,“ erklärte er. Wenn er nicht bis zum 2. Juli ablehnt, wird er automatisch EU-Parlamentsabgeordneter. Der neue Parteivorsitzende Norbert Hofer erklärte, sollte Strache sein Mandat annehmen, bleibe er zwar einfaches FPÖ-Mitglied, verzichte aber bis zur Aufklärung der Umstände rund um das Ibiza-Video auf Parteifunktionen. Damit werde ihm der Weg ins EU-Parlament geebnet, meinen Beobachter.
In der FPÖ stellt sich die Frage, welche Personen und welche Politik das Vakuum füllen, das der Ex-Vorsitzende Heinz Christian Strache hinterlässt: Die Forderung Herbert Kickls nach Fundamentalopposition oder die kompromissorientierte Strategie des neuen Parteichefs Norbert Hofer, der nach außen das freundliche Gesicht der Partei abgibt? Wird Strache die FPÖ im bevorstehenden Parlaments-Wahlkampf weiter in Erklärungsnot bringen? Wie wird die Parteibasis reagieren, deren Held er lange war.
Weitere Enthüllungen nicht ausgeschlossen
Da diese Fragen nicht beantwortet werden können, gehe es der FPÖ jetzt darum, Zeit zu gewinnen, Sachthemen in den Vordergrund zu rücken und die Kernwähler zu mobilisieren, erklären Insider. Auf EU-Ebene dürfte Straches Einzug ins EU-Parlament kaum auf Begeisterung stoßen. Von dem Video hatten sich auch Rechtsparteien distanziert. Weitere Enthüllungen sind nicht auszuschließen.
Derzeit werden die Inhalte des Ibiza-Videos untersucht. Österreichs Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt wegen illegaler Parteienfinanzierung gegen die im Video genannten Unternehmen wie Glock. Sie beantragte die Aufhebung der Immunität des FPÖ-Abgeordneten Tschank, der in verschiedenen Vereinen mehrere Hunderttausend Euro an Spenden kassiert haben soll. Außerdem hat der frühere SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern Strache wegen Verleumdung verklagt, weil der im Ibiza-Video behauptet, es gebe einen Informanten, der belegen könne, dass Kern in Afrika Minderjährige missbraucht habe.