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BERLIN
Die FDP glaubt an ihr Comeback
„German Mut“ als Slogan der Liberalen: Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner spricht am Freitag beim Bundesparteitag der Freien Demokraten (FDP) in Berlin.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa | „German Mut“ als Slogan der Liberalen: Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner spricht am Freitag beim Bundesparteitag der Freien Demokraten (FDP) in Berlin.
reda
 |  aktualisiert: 15.05.2015 19:56 Uhr

Christian Lindner erinnert sich noch gut. Am Ende des Wahljahres 2013, dem bislang schmerzhaftesten ihrer Geschichte, stand die Bundes-FDP mit 4,5 Millionen Euro in der Kreide. Ein Jahr später erwirtschaftete das Dehler-Haus schon wieder einen Überschuss von einer Million Euro, was der Parteivorsitzende nicht nur für eine beeindruckende Leistung von Schatzmeister Hermann Otto Solms hält, sondern auch für einen politischen Qualitätsnachweis: „Wir zeigen im eigenen Haus, was wir auch dem Staat empfehlen, nämlich mit weniger Geld besser zu wirtschaften.“

Dass die neue Solidität mit einem kräftigen Stellenabbau in der Parteizentrale einherging, erwähnt Lindner lieber nicht. 20 Monate nach der historischen Schlappe bei der Bundestagswahl, als die Liberalen nicht nur aus der Regierung flogen, sondern auch aus dem Parlament, richten sie ihren Blick jetzt nach vorne. „Das Fundament der FDP ist jetzt wieder gefestigt“, sagt Lindner zum Auftakt des Parteitages in Berlin, auf dem er mit 92,41 Prozent der Stimmen als Bundesvorsitzender wiedergewählt wurde.

Nach den überraschend guten Wahlergebnissen in Bremen und Hamburg geht die Partei, über Jahrzehnte als Intrigantenstadl verschrien, mit einer lange nicht mehr erlebten Geschlossenheit in die Wahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im nächsten Jahr. Nach Lindners Willen sollen sie „Meilensteine des Wiederaufstieges“ werden.

Die Stunde null

Der 35-Jährige führt den neuen Mut, den die Partei gerade schöpft, auch auf den Kurs der kühlen Vernunft zurück, mit dem er die Liberalen nach der Stunde null in der politischen Mitte gehalten hat.

In den Wettbewerb um die angeblich noch zu besetzende Stelle rechts von der Union, beteuert Christian Lindner, sei die FDP nicht eingetreten. Weder laufe sie den Euro-Hassern noch der Pegida-Bewegung mit ihren ausländerfeindlichen Ressentiments nach.

„Wir sind nicht schrill und extrem geworden“, betont Lindner zu Beginn seiner Rede, nach der ihn die Delegierten mit stehenden Ovationen feiern – wohl wissend, dass es durchaus Stimmen gab, die ihm selbst und der Partei empfahlen, in der außerparlamentarischen Opposition einen stärker polarisierenden Kurs zu fahren. Lindner dagegen sieht den Platz der FDP in der sicheren Mitte: „Wir beschreiten einen Weg zwischen dem Chaos der Piratenpartei und der AfD, die sich ja zukünftig nach dem Führerprinzip organisieren will.“

Im Dezember 2013 war die FDP schon einmal hier in der Station Berlin, dem alten Postbahnhof. Wie trist die Stimmung damals war, kurz nach dem Debakel bei der Bundestagswahl, zeigt eine Auswahl von Überschriften aus Zeitungen und Magazinen, die Parteivize Wolfgang Kubicki zur Einstimmung auf den dreitägigen Konvent vorliest und in denen den gedemütigten Freidemokraten fast ausnahmslos der nahende Tod vorhergesagt wurde. Nun sagt Kubicki triumphierend: „Die, die den Abgesang auf die FDP intoniert haben, müssen jetzt ein neues Lied lernen.“

Die Bürgerschaftswahlen in Hamburg und Bremen hätten gezeigt, dass es in Deutschland offenbar ein tiefes Bedürfnis nach einer Partei wie der FDP gebe. Einer Partei, die nach den Worten ihres Vorsitzenden Lindner als Einzige darauf achtet, dass der Bürger vom Staat nicht andauernd „abkassiert, bürokratisiert, bevormundet und neuerlich auch wieder bespitzelt wird“. Von den anderen Parteien, kritisiert er, werde der Einzelne „klein gemacht“. Die FDP dagegen wolle „den Einzelnen groß machen und nicht den Staat“.

Illusionen und Widerstände

Auch deshalb haben ihre PR-Truppen auf die bunte Wand hinter dem Rednerpult den Slogan „German Mut“ geklebt – ein Kontrapunkt zur sprichwörtlichen deutschen Angst vor Veränderung. Ein Selbstläufer allerdings, das ahnt Lindner, wird der erhoffte Wiederaufstieg der Liberalen nicht – dazu war der Reputationsverlust vor 20 Monaten einfach zu groß. „Geben wir uns keiner Illusion hin“, sagt der Parteichef. „Mit jedem weiteren Erfolg, den wir uns erkämpfen, wachsen die Widerstände.“

 
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