Gerade erst hatte die Enthüllung für Aufruhr gesorgt, dass die belgische Lebensmittelsicherheitsbehörde FASNK bereits Anfang Juni über Rückstände des Insektizids Fipronil in Eiern informiert gewesen zu sein scheint. Nun gab der belgische EU-Grünenabgeordnete Bart Staes an, dass die Untersuchung einer Privatfirma sogar bereits am 15. Mai entsprechende Ergebnisse erzielt habe. „Ich kann verstehen, dass es bis Anfang Juni gedauert hat, bis man Aufschluss über die Fipronil-Kontaminierung hatte“, sagte er zwar. „Aber dann hat es noch anderthalb Monate gedauert, bis Belgien dies kommunizierte“.
Die EU-Kommission schloss am Dienstag ihrerseits Konsequenzen nicht aus: Falls die Behörde nach Prüfung der Fälle zu dem Schluss komme, dass Mitgliedsstaaten ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind, über das Frühwarnsystem andere in Kenntnis zu setzen, hätten diese gegen die geltende Verordnung verstoßen. In diesem Fall könnte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, an dessen Ende empfindliche Geldstrafen stehen.
Tatsächlich setzten die belgischen Behörden erst am 20. Juli ihre Nachbarn über die verseuchten Eier in Kenntnis. Die Niederlande reagierten sechs Tage später, Deutschland folgte am 31. Juli.
Inzwischen haben sich Belgien, die Niederlande und die Bundesrepublik auf den Austausch sogenannter Verbindungsbeamter geeinigt. Sie sollen in die Krisenstäbe der jeweils anderen Länder entsandt werden. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) verspricht sich davon „schnelle Information und volle Transparenz“.
Dafür will nun offenbar auch der zuständige EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis sorgen, der seinen Urlaub unterbrach und mit den beiden Benelux-Staaten bereits in Kontakt steht. Der Vorwurf in Richtung Belgien war deutlich. Dort hat die Lebensmittelsicherheitsbehörde 57 Betriebe mit 86 Ställen vorsorglich gesperrt. Am Montag informierte das Landwirtschaftsministerium, dass 51 Niederlassungen nach wie vor geschlossen seien. In 21 seien „leichte Spuren“ des Insektizids, das zur Abtötung von Flöhen dient, in Eiern gefunden worden.
In den Niederlanden wurden über 180 Betriebe vorsorglich geschlossen. Inzwischen untersucht das Lebensmittelsicherheitsamt in Utrecht auch die Tiere selbst – sowohl Legehennen als auch Hühner für die Fleischproduktion. Hunderttausende wurden bereits notgeschlachtet.
Die Bundesregierung will sich nun auch um Produkte kümmern, in denen Eier verarbeitet sind. Bund und Länder hätten ein Programm „zur intensiven Überwachung von Lebensmitteln mit hohem Eianteil vereinbart“, wie es in einer Mitteilung des Agrarministeriums hieß.
Berlin prüft auch Eiprodukte
„Auch wenn die gefundenen Werte sehr gering sind, Fipronil hat nichts in Lebensmitteln zu suchen“, sagte Schmidt. Ursache der Belastung mit Fipronil sei „offensichtlich kriminelle Energie“. Er begrüße es, dass Staatsanwaltschaften in den Niederlanden, Belgien und Deutschland ermittelten.
Die bisherigen Erkenntnisse deuten auf einen belgischen Ursprung hin. Ein Betrieb, der ein niederländisches Stallreinigungsunternehmen belieferte, steht offenbar im Zentrum der Ermittlungen. Der belgische Verbraucherminister Kris Peeters bemühte sich inzwischen, die Wogen zu glätten: „Die Rechte der Konsumenten und die Transparenz müssen gesichert sein“, betonte er. Seine Behörde werde alles daransetzen, dass dies künftig gewährleistet sei.
Dabei gibt eine Personalentscheidung nur Tage nach dem Skandal zu denken: Ende Juni machte Premierminister Charles Michel Landwirtschaftsminister Willy Borsus zum neuen Ministerpräsidenten der Wallonie. Mit den Folgen des Lebensmittelskandals muss sich nun Nachfolger Denis Ducarme herumschlagen.