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BERLIN
Die CDU im Westen hat das Sagen
«Zeit»-Konferenz Deutsches Wirtschaftsforum - Merz       -  Rechtsanwalt Friedrich Merz, ehemaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz nach dem Verzicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt.
Foto: Bodo Marks, dpa | Rechtsanwalt Friedrich Merz, ehemaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hat seine Kandidatur für den CDU-Parteivorsitz nach dem Verzicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel angekündigt.
Bernhard Junginger
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:00 Uhr

Wer künftig die CDU anführen und damit wohl auch Kanzlerkandidat der Union wird, das entscheidet sich zu einem großen Teil an Rhein und Ruhr. Mag Nordrhein-Westfalen gemeinhin als „Herzkammer der Sozialdemokratie“ gelten, so ist ihr traditioneller Gegenpol, die CDU, seit den Zeiten ihres Übervaters Konrad Adenauer dort ebenso fest verwurzelt.

Spätestens, seit Armin Laschet SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft aus dem Amt jagte, geben die Christdemokraten aus dem Revier mit breiter Brust in der Bundespartei den Ton an. Im Bundestag stellen sie die größte Landesgruppe und damit die meisten Delegierten beim CDU-Parteitag in Hamburg Anfang Dezember.

Mit Ralph Brinkhaus kommt zudem der frisch gebackene Unionsfraktionsvorsitzende aus dem Westen. Der hat eben erst Volker Kauder verdrängt, den Vertrauten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wenn es um die Nachfolge Merkels geht, will die CDU aus Nordrhein-Westfalen nun ein gewichtiges Wort mitreden.

Weg frei für einen Neuanfang

Bislang haben sich sechs CDU-Politiker um den Parteivorsitz beworben, echte Chancen werden drei von ihnen eingeräumt: Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland sowie Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, beide aus NRW. Ministerpräsident Armin Laschet hält sich derweil eine Kandidatur noch offen.

Wolfgang Bosbach aus Bergisch-Gladbach, konservatives Urgestein der nordrhein-westfälischen CDU, zeigt sich gegenüber dieser Redaktion erleichtert darüber, dass Angela Merkel den Weg für einen Neuanfang an der Parteispitze freigemacht hat. „Nach dem sehr enttäuschenden Wahlausgang in Hessen musste sie doch spüren, dass es für die Union so nicht weitergehen kann.“

Doch wen wünscht sich Bosbach als Nachfolger? „Zum Anforderungsprofil eines neuen Parteivorsitzenden gehört in erster Linie die Fähigkeit, der Union ein neues Selbstbewusstsein, neuen Optimismus zu vermitteln und von der CDU enttäuschte Wähler wieder für die Partei zurückzugewinnen“, sagt er. Und fügt an: „Beides traue ich Friedrich Merz uneingeschränkt zu.“ Hinter den Kulissen, sagen Eingeweihte aus dem Landesverband, werden bereits seit geraumer Zeit die Strippen für eine Rückkehr von Merz auf die ganz große politische Bühne gezogen. Merz selbst habe seine Rolle als Brexit-Beauftragter der Landesregierung genutzt, um in Brüssel bei CDU-Funktionären aus anderen Bundesländern zu „sondieren“.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn aus Ahaus hat im heimischen Nordrhein-Westfalen viele Anhänger, gerade bei jungen Konservativen, von denen viele Friedrich Merz gar nicht mehr aus der aktiven Politik kennen. Doch bereits jetzt hat sich ein starkes Merz-Lager formiert, das glaubt, dass die Zeit des 38-jährigen Spahn noch nicht gekommen ist. „Ist das konservative Profil, um das sich Spahn in den vergangenen drei Jahren bemüht hat, wirklich authentisch? Oder ist er nur in eine Marktlücke gestoßen, weil dieses Feld durch Angela Merkels Linksruck brachlag“, sät ein einflussreiches Mitglied der Landesgruppe Zweifel.

Die Fähigkeit zum Integrieren

Merz dagegen sei der Richtige, um abgewanderte Wähler aus ganz verschiedenen Richtungen zurückzuholen: Enttäuschte Konservative und Christen ebenso wie Wirtschaftsliberale oder die bürgerlicheren Grünen-Wähler, die sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzten.

Die CDU-Strategen aus Nordrhein-Westfalen haben über die konservativen und wirtschaftsnahen Partei-Netzwerke längst ihre Fühler in andere CDU-Landesverbände ausgestreckt. Gerade in den neuen Bundesländern, so heißt es, wo die Wähler in Scharen zur AfD übergelaufen seien, werde Merz ein echter Neuanfang eher zugetraut als Regierungsmitglied Spahn. Und natürlich viel eher als Kramp-Karrenbauer, der Merkel-Vertrauten.

Beim entscheidenden Parteitag in Hamburg könnte es nach mehreren Wahlgängen auf ein Duell zwischen der Saarländerin Kramp-Karrenbauer und einem der Bewerber aus Nordrhein-Westfalen hinauslaufen. Dass die Konservativen von Rhein und Ruhr am Ende dann in der Mehrzahl „ihren“ Mann unterstützen werden, gilt als wahrscheinlich. Möglicherweise einigt sich der mächtige CDU-Landesverband schon vorher auf eine gemeinsame Linie. „Es wird nun sicherlich Gesprächsprozesse geben“, sagt Patrick Sensburg, CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Hochsauerlandkreis, der Heimat von Friedrich Merz. „Dass es mehrere nordrhein-westfälische Bewerber für den CDU-Vorsitz gibt, ist ein Luxusproblem, ein Zeichen der Stärke. Die SPD wäre froh, wenn sie so viele gute Leute hätte.“

Trotzdem hat Sensburg einen Favoriten: „Ich traue Friedrich Merz am ehesten zu, die verschiedenen Flügel der Partei zu einen und die CDU wieder zu alter Stärke zu führen.“ Auch an der Basis zeichne sich viel Unterstützung für Merz ab. Sensburg: „Beim Kreisparteitag der Hochsauerland-CDU in Arnsberg am 10. November tritt Friedrich Merz auf, das war schon lange so geplant. Das Interesse ist schon jetzt gewaltig.“

 
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