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LONDON/BRÜSSEL
Die Briten und Europa: Jetzt wird es ungemütlich
Detlef Drewes
 und  Katrin Pribyl
 |  aktualisiert: 20.02.2020 02:11 Uhr

Nach dem Brexit ist vor dem Feilschen und der Ton zwischen Großbritannien und der Europäischen Union wird deutlich rauer. Als EU-Chefunterhändler Michel Barnier, der die Verhandlungen mit London über die künftigen Beziehungen führen wird, am Montag die Eckpunkte der Union vorstellt, ist kein Platz mehr für übertriebene Freundlichkeiten.

„Wir wollen eine ambitionierte Partnerschaft“, stellt der Franzose klar, „aber das ist nicht dasselbe wie eine Mitgliedschaft.“ In London wiederum hält Boris Johnson fast zeitgleich seine erste öffentliche Rede nach dem Brexit und geht gleich mal in die Offensive.

Der britische Premier will für die Zeit nach der Übergangsphase ein Freihandelsabkommen mit der EU – aber er lässt keinen Zweifel daran, dass er auch einen harten Bruch nicht scheut, wenn ihm die Bedingungen nicht passen.

Was diese Bedingungen angeht, hat Barnier schon eine ziemlich klare Vorstellung. Es werde zwei, voneinander getrennte Märkte geben und keine Harmonisierung von Regeln. Alle aus dem Vereinigten Königreich „importierten Güter und Dienstleistungen müssen den EU-Standards entsprechen“, steht für ihn fest. Je mehr Standards London akzeptiere, je mehr sei die EU bereit, den Binnenmarkt für die britische Wirtschaft zu öffnen. „Die Antwort der Briten auf unsere Forderungen wird entscheidend sein für die Qualität unserer künftigen Beziehungen“, sagt Barnier. Und dabei gehe es um wichtige Fragen der gemeinsamen Kooperation – beispielsweise in der Forschung oder beim Studenten- und Auszubildenden-Austauschprojekt Erasmus. Die roten Linien der EU-Kommission ergeben sie sich zu großen Teilen aus dem Austrittsvertrag sowie der politischen Erklärung über die beiderseitigen Beziehungen. Ein Handelsabkommen müsse alle Bereiche, die für die Verhandlungen von Interesse seien, abdecken, sagt Barnier weiter und zählt auf: Handel und Wirtschaft, Verbraucherschutz, Klimaneutralität, Strafverfolgung, Zusammenarbeit in Justizfragen sowie in der Sicherheitspolitik.

Besonders heftig dürfte um die Fischereipolitik gestritten werden. Ohne Einigung dürfen Kutter aus der EU nicht mehr in den britischen Fanggründen ihre Netze auswerfen – umgekehrt allerdings auch nicht. Die EU würde am liebsten alles so lassen, wie es ist. Doch die britische Regierung wird von den eigenen Fischern massiv bedrängt, den europäischen Booten die Einfahrt in die Hoheitsgewässer zu untersagen.

Die EU will hart bleiben, auch wenn der Preis dafür möglicherweise hoch ist. Zu groß ist die Befürchtung, dass es auf dem Binnenmarkt zu einem Dumping-Wettbewerb kommen könnte, sollten die Unternehmen im Vereinigten Königreich sich künftig nicht mehr an den höheren europäischen Auflagen orientieren müssen.

Das gilt im Übrigen für alle Wirtschaftsbereiche, also auch für die Finanzbranche, die – wie Barnier betont – künftig nicht mehr unter europäischer Aufsicht steht. Das Signal soll unmissverständlich sein: Wer nicht mehr dazu gehört, muss Nachteile in Kauf nehmen und darf sich nicht nur die Rosinen herauspicken. Johnson wiederum will sich auf keinen Fall vertraglich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Umweltschutz, Arbeitnehmerrechten und staatlichen Wirtschaftshilfen festlegen lassen.

In Brüssel hieß es am Montag, die Verhandlungen mit London sollten „sofort“ beginnen, da man keine Zeit zu verlieren habe.

Denn laut Fahrplan muss ein Vertrag mit Großbritannien am 31. Dezember nicht nur fertig, sondern auch ratifiziert sein. Andernfalls droht ein harter Bruch ohne Abkommen.

 
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