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LONDON
Die Angst vor dem Netzwerk
BRITAIN-ATTACK-ROYALS       -  Königin Elizabeth II. besucht ein Opfer der Terrorattacke im Royal Manchester Children's Hospital.
Foto: Peter Byrne, afp | Königin Elizabeth II. besucht ein Opfer der Terrorattacke im Royal Manchester Children's Hospital.
byl
 |  aktualisiert: 05.06.2017 03:57 Uhr

Noch immer laufen die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat von Manchester. Wer war Salman Abedi? Die Ermittler versuchen, die tausende Teile des Puzzles zusammenzusetzen. Mittlerweile gehen sie davon aus, dass Abedi Teil eines Netzwerkes war, wie der Polizeichef von Manchester bestätigte.

Umso empörter zeigten sich die Behörden über undichte Stellen im Ausland. So haben US-Medien bereits zum zweiten Mal sensible Informationen veröffentlicht, bevor die Sicherheitsdienste im Königreich diese freigegeben oder sich dazu geäußert hätten. Die Indiskretionen belasten das Verhältnis der beiden Länder – ausgerechnet. Denn stets rühmt vor allem Großbritannien die „besondere Beziehung“ zum US-Partner. Doch der Vertrauensbruch wiegt schwer.

Erst wurde der Name des Attentäters deutlich früher veröffentlicht, als dies die Ermittler aufgrund der Untersuchungen wünschten. Nun wurden forensische Aufnahmen geleakt, wofür die Regierung in London sowie Politiker und Beamte in Manchester die US-Geheimdienste scharf kritisierten. In der „New York Times“ sind erste Bilder vom Tatort zu sehen, darunter Fotos eines zerfetzten blauen Rucksacks und eines Zünders.

Als Konsequenz will die Polizei nun keine Informationen über den Anschlag mehr mit den Diensten in den USA teilen. Und die Sache soll auf höchster Ebene geklärt werden.

Es herrscht Nervosität: Nach zehn Jahren rief Großbritannien erstmals wieder die höchste Terrorwarnstufe aus. Danach könnte ein weiterer Anschlag unmittelbar bevorstehen. Zudem wurde das Militär gerufen. Fast 1000 bewaffnete Soldaten werden eingesetzt, um etwa die Ordnungshüter um den Regierungssitz in Downing Street, den Westminster-Palast oder den Buckingham-Palast zu unterstützen oder gegebenenfalls zu ersetzen. Auf der Suche nach möglichen Komplizen gab es mehrere Razzien. Bis gestern Abend befanden sich acht Verdächtige in Polizeigewahrsam, die offenbar in Verbindung mit dem Anschlag stehen könnten.

Über den 22-jährigen mutmaßlichen Attentäter kommen immer mehr Details ans Licht. Abedi, dessen Eltern vor dem Gaddafi-Regime aus Libyen ins Königreich geflüchtet sind, wurde 1994 in Manchester geboren, ging in der nordenglischen Stadt zur Schule und lebte in einem für England typischen roten Backsteinhaus mit Vorgarten. Sein Wirtschaftsstudium an der Salford-Universität in Manchester hat der junge Mann, der zwei Brüder und eine Schwester hatte, offenbar abgebrochen.

Von Bekannten wurde er als „zurückhaltend“ und im Umgang als „respektvoll“ beschrieben. Will man etlichen Berichten glauben, war er ein unauffälliger, ruhiger Mann, „ein normaler Typ“. Der Vater, Ramadan Abedi, der sich zurzeit in Tripoli aufhält, gab am Mittwoch ein Interview, in dem er seinen Sohn als „unschuldig“ bezeichnete, bevor er selbst von der libyschen Polizei festgenommen wurde. Genauso wie sein anderer Sohn Hachem Abedi. Dieser habe laut Behörden ausgesagt, dass er ebenso wie der Selbstmordattentäter der Terrororganisation des Islamischen Staats (IS) angehöre.

Innenministerin Amber Rudd zufolge sei Salman Abedi bereits in der Vergangenheit ins Visier der Behörden gerückt. Offenbar wurde er aber nicht als Hochsicherheitsrisiko betrachtet. Dabei kehrte der Brite erst vier Tagen vor dem Anschlag aus Libyen nach England heim.

Nachdem am Dienstag erst zwei der Opfer bekannt waren, veröffentlichten die Behörden weitere Details zu den Getöteten. Die 15-jährige Olivia Campbell, deren Mutter voller Verzweiflung nach ihrer Tochter suchte, musste ihr Leben lassen.

In Manchester bestimmen Trauer und Trotz die Tage nach dem Terroranschlag. Mit einer Schweigeminute gedachten die Briten der Opfer und Königin Elizabeth II. besuchte einige der verletzten Kinder im Krankenhaus. Im Zentrum der Stadt legten Trauernde Blumen im Gedenken an die Opfer ab, zündeten Kerzen an oder ließen Luftballons steigen. „Manchester wird zusammenstehen - Eine Liebe für alle“, schrieb jemand mit Kreide auf den Boden. Passanten blieben stehen, lasen und nickten. Die Reaktion passt zu jener stolzen Stadt im Norden Englands, die einmal das industrielle Zentrum des Landes darstellte.

 
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