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BERLIN
Deutschland sucht das Endlager
Deutschland sucht das Endlager
Von unserem Mitarbeiter SEBASTIAN MUSOLF
 |  aktualisiert: 17.05.2013 19:10 Uhr

Selbstbewusst baut sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) am Rednerpult auf. Die Regierungsbank im Bundestag ist gut besetzt, sogar Kanzlerin Angela Merkel ist erschienen, um ihrem Minister den Rücken zu stärken. Seit einem Jahr ist Altmaier im Amt, musste sich in den vergangenen Tagen von der Opposition viel Kritik anhören, er habe bisher nichts erreicht. Nun will er endlich einen Schlussstrich ziehen unter einen jahrzehntelangen Konflikt, der die Gesellschaft gespalten hat. Es gilt, wie er sagt, „das letzte Kapitel“ in der deutschen Kernenergiepolitik aufzuschlagen. Es geht um nichts weniger, als die sichere Verwahrung nuklearen Abfalls in Deutschland für die nächsten eine Million Jahre zu gewährleisten.

Mit kräftiger Stimme stellt der Umweltminister den Gesetzesentwurf zur Suche eines Atommüll-Endlagers vor. Es ist ein Kompromiss, den Bund und Länder gemeinsam erarbeitet haben. Altmaier nennt ihn einen „parteienübergreifenden Konsens“. Trotz Wahlkampfes gibt es breite Zustimmung von SPD und Grünen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sprechen von einen „Neustart“ bei der Endlager-Suche. Einzig die Linke-Fraktion stört die Harmonie: „Sie satteln hier ein totes Pferd, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen“, prangert deren energiepolitische Sprecherin, Dorothée Menzner, an.

Der Entwurf sieht vor, dass bis Ende 2031 der Standort für ein deutsches Atommüll-Endlager gefunden werden soll. Dabei gilt das „Prinzip der weißen Landkarte“: Es wird bei der Suche keine Vorfestlegung auf bestimmte Standorte geben, alles ist offen. Eine 24-köpfige Experten-Kommission aus Bund und Ländern soll in den nächsten zwei Jahren die Kriterien für ein Endlager diskutieren. Die Suche werde damit auf vorher gesetzlich festgelegten Standards beruhen und unter größtmöglicher Transparenz und öffentlicher Beteiligung erfolgen. Die Kosten des Auswahlverfahrens sollen die Kernkraftwerk-Betreiber tragen.

Trotz des Konsenses sorgen Castor-Transporte und atomare Zwischenlagerung weiterhin für Spannungen. Deutschland muss noch 26 Container mit radioaktivem Müll aus Frankreich und England zurücknehmen und hier zwischenlagern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein zeigten sich für eine Annahme bereit. „Es werden keine weiteren Castor-Transporte nach Gorleben durchgeführt“, unterstreicht Altmaier, und allgemeiner Applaus brandet im Plenarsaal auf.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil begrüßt diese Entscheidung, findet dann aber scharfe Worte: „Herr Altmaier muss beantworten, wohin die nächsten Transporte gehen sollen.“ Grünen-Fraktionschef Trittin sieht bei der Suche nach Zwischenlagern die FDP in der Pflicht: „Wer regiert denn in Hessen und Bayern mit?“ Der umweltpolitische Sprecher der Liberalen, Michael Kauch, entgegnete gereizt: „Es ist billig von Herrn Trittin, dass er auf Bayern und Hessen einschlägt.“ So habe auch der grüne Umweltminister von Nordrhein-Westfalen nicht gefordert: „Bitte, bitte, gebt mir Castoren.“ Und als der energiepolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Georg Nüßlein, ans Rednerpult tritt, ruft jemand: „Komm, sag uns, dass Bayern auch Castoren aufnimmt.“

Die FDP-Abgeordnete Angelika Brunkhorst spricht als Erste an, dass mit dem Gesetzentwurf der umstrittene Standort Gorleben als mögliches Endlager nicht vom Tisch sei. Der Standort bliebe für ihre Partei im Topf. Dem schließt sich auch CSU-Mann Nüßlein an: Beim Prinzip der „weißen Landkarte“ dürfe kein Standort von Anfang an ausgeschlossen werden. Die Ausschüsse des Bundestages beraten nun über den Gesetzentwurf. Am 5. Juli soll der Bundesrat eine Entscheidung über das Endlagersuch-Gesetz fällen.

Im Bundestag: Angela Merkel und Peter Altmaier
Foto: dpa | Im Bundestag: Angela Merkel und Peter Altmaier
 
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