Es sind bewegte Zeiten für die Bundeswehr. Gerade mal eine gute Woche ist es her, dass sich die ersten deutschen Soldaten für die Stationierung von „Patriot“-Abwehrraketen an der Grenze zu Syrien auf den Weg in die Türkei machten. Und schon folgt der nächste Einsatz – jetzt im westafrikanischen Krisenstaat Mali, vielleicht diese Woche schon. Dabei geht es zunächst nur um zwei Transall-Transportflugzeuge mit normalerweise jeweils sechs Mann Besatzung. Aber das könnten schnell mehr werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte am Mittwoch an, dass die beiden Transall „sehr kurzfristig“ entsandt werden sollen, um afrikanische Kampftruppen in die malische Hauptstadt Bamako zu bringen. Und fügte hinzu: „Ich glaube, dass wir hier unter einem sehr hohen Zeitdruck stehen.“ Deutschland wird damit Teil der Allianz, die Malis Norden von islamistischen Rebellen befreien will.
Oldtimer der Luftwaffe
Die Gefahr, dass die Transall-Maschinen in Kampfhandlungen verwickelt werden, ist aber nahezu ausgeschlossen. Die Flieger werden in der Hauptstadt Bamako landen, rund 250 Kilometer vom Kampfgebiet entfernt. Pro Flug können die über 40 Jahre alten Oldtimer der Luftwaffe etwa 90 Soldaten transportieren – Truppen aus den Ländern der westafrikanische Wirtschaftsunion ECOWAS, die dann auf dem Landweg weitergebracht werden.
Die ECOWAS will sich mit 3300 Soldaten an dem Einsatz beteiligen, der von Frankreich zunächst im Alleingang gestartet wurde. Die französischen Truppen wird Deutschland trotz Bitten aus Paris zunächst nicht unterstützen. Auch die medizinische Versorgung, die im Gespräch war, wird es zunächst nicht geben. Die Bundesregierung hatte die Entsendung von insgesamt fünf Maschinen erwogen, darunter zwei mit medizinischer Ausstattung.
Für Letztere wäre es in Mali deutlich gefährlicher geworden, weil die Evakuierung von Verletzten einen Einsatz im oder in der Nähe des Kampfgebiets erfordert hätte. Merkel entschied sich nun jedoch mit Verteidigungsminister Thomas de Maiziere (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zunächst nur für die Transporthilfe für die afrikanischen Truppen.
Begründet wird das auch mit den zahlreichen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. 5800 Soldaten hat die Truppe derzeit im Einsatz – vor allem in Afghanistan und im Kosovo, aber auch am Horn von Afrika, vor der libanesischen Küste und jetzt auch in der Türkei. „Wir Deutsche sind vorbildlich bei internationalen Einsätzen und mit großer Solidarität dabei“, sagt Westerwelle. Er weist auch darauf hin, dass Frankreich seine Soldaten vorzeitig aus Afghanistan abgezogen hat. „Lastenteilung“ nennt er das.
Mit anderen Worten: Wenn Deutschland sich anderswo engagiert, kann man die Konfliktlösung in Mali hauptsächlich den Franzosen überlassen. Die Entscheidung für eine „kleine Lösung“ in Westafrika ist also in erster Linie eine politische. Die Kapazitäten für ein stärkeres Engagement wären da: Es gab schon Zeiten, in denen die Bundeswehr mit mehreren Tausend Soldaten mehr im Einsatz war. Und von den insgesamt 60 Transall werden in Afghanistan derzeit nur sieben gebraucht.
Treffen der EU-Außenminister
Das letzte Wort über die deutsche Beteiligung ist allerdings noch längst nicht gesprochen. Bereits an diesem Donnerstag treffen sich die Außenminister der Europäischen Union in Brüssel, um über die schon länger geplante Ausbildungsmission für Malis Armee zu beraten, die diese dringend nötig hat. Inzwischen ist von etwa 500 Militärberatern die Rede – was auch bedeuten dürfte, dass der deutsche Anteil aufgestockt wird. Dafür soll es dann – im Unterschied zum jetzigen Transall-Einsatz – auch ein Mandat des Bundestags geben.
Hilfe aus Volkach
Wie werden deutsche Soldaten den Kameraden aus Frankreich bei deren Kampf gegen islamistische Rebellen im nordafrikanischen Mali helfen? Derzeit geht es darum, logistische Unterstützung zu leisten oder humanitäre Hilfe. Logistische Unterstützung: Da ist man beim Logistikbataillon 467 in Volkach (Lkr. Kitzingen) hellwach. Hauptmann Uwe Kirfel, Pressesprecher der Einheit, sagt, „für uns gibt es noch überhaupt nichts Konkretes“. Einmal fehle das Mandat des Bundestages für einen wie auch immer gearteten Einsatz, betont Kirfel. Zum anderen gebe es noch keine Hinweise, dass überhaupt deutsche Logistiksoldaten in Mali benötigt werden. Nach Plan entwickelt sich den Worten Kirfels zufolge der Einsatz der Soldaten aus Volkach im NATO-Land Türkei. An diesem Freitag werden drei Logistiker vom Main ins Einsatzgebiet unweit der syrischen Grenze verlegt, am Sonntag folgen weitere 21. Zusammen mit dem einen Soldaten aus der Volkacher Kaserne, der Teil des Vorauskommandos der Bundeswehr ist, werden dann 25 Spezialisten für den Luftumschlag aus dem Fränkischen die Versorgung der in die Türkei verlegten Truppe mit Material und Verpflegung sicherstellen. Mitte Dezember hatte der Bundestag beschlossen, im Rahmen der Stationierung von Patriot-Raketen 400 deutsche Soldaten ins NATO-Land zu verlegen. TEXT: TITO