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MÜNCHEN
Der Iran und die Kunst des Schönredens
Werben um Verständnis für die iranische Haltung: Teherans Außenminister Ali-Akbar Salehi im Gespräch mit der US-amerikanischen Politikerin Jane Margaret Harman in München.
Foto: dpa | Werben um Verständnis für die iranische Haltung: Teherans Außenminister Ali-Akbar Salehi im Gespräch mit der US-amerikanischen Politikerin Jane Margaret Harman in München.
Von unserem Mitarbeiter Winfried Züfle
 |  aktualisiert: 23.12.2015 11:58 Uhr

Was für ein Zufall! Unmittelbar nach seinem Auftritt vor der Münchner Sicherheitskonferenz am Sonntagmorgen muss Israels Verteidigungsminister Ehud Barak sofort den Konferenzsaal im Hotel Bayerischer Hof verlassen. „Das Flugzeug wartet“, teilt Konferenzleiter Wolfgang Ischinger entschuldigend mit. Das trifft wohl zu, ist aber nicht der wahre Grund. Unmittelbar nach Barak steht der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi auf dem Programm. Und dessen Ausführungen will sich der Israeli partout nicht anhören.

Ehud Barak hätte indes ruhig im Saal bleiben können. Salehi, der Diplomat aus Teheran, rüppelt keineswegs wie sein Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad, der Israels Existenzrecht bestreitet. Barak und Salehi sind sich nicht einmal unähnlich. Beide liefern eine Galavorstellung im Schönreden der jeweiligen Regierungspolitik ab.

So versichert der Israeli Barak, die Regierung einschließlich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu stehe zum Konzept der Zwei-Staaten-Lösung, und nur „die extreme Rechte“ im Lande habe andere Vorstellungen. Dabei ist die Regierung in Jerusalem mit ihren Entscheidungen zum Siedlungsbau drauf und dran, einem Palästinenserstaat die Grundlage zu entziehen. Der Iraner Salehi wiederum erzählt dem Publikum treuherzig, seine Regierung habe alle Anfragen der Internationalen Atomenergiebehörde vollständig beantwortet. Dabei weiß jeder im Saal, dass die Prüfer in Wien genau dies vehement bestreiten.

In seiner Einschätzung der Iraner zeigt Ehud Barak indes analytische Schärfe: „Sie werden nicht Gaddafi oder Saddam Hussein nacheifern“, sagt der Minister aus Jerusalem über „die kleine Gruppe von Extremisten“, die in Teheran herrscht. Die Ajatollahs ließen die Atom-Technologie zwar nicht für friedliche Zwecke entwickeln. Aber die Iraner „werden versuchen, sich herauszumanövrieren. Sie sind sehr gute Schachspieler – sie haben das Spiel ja auch erfunden.“

Ali Akbar Salehi, als wolle er diesen Ball aufnehmen, erzählt in München zunächst viel über Persien als „Wiege der Zivilisation“. Das Publikum sei aber wohl mehr an den Atomwaffen interessiert, mutmaßt er dann, „doch ich habe wenig Zeit“. Das Gelächter und den Protest nutzt er geschickt, um eine einseitige iranische Sichtweise des Konflikts zu präsentieren. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), greift die iranische Regierung daraufhin als „atompolitische Geisterfahrer“ an.

Wie heiß ist der Konflikt wirklich? Der in Teheran geborene, aber in Washington lehrende Nahostexperte Professor Vali Nasr meint, das Hin und Her um das iranische Atomprogramm werde in den nächsten zwei, drei Jahren weitergehen wie bisher. An ein „Entscheidungsjahr 2013“ glaubt er nicht.

Zum Konfliktherd Mali hätten die in München versammelten Experten gerne Authentisches vom französischen Außenminister Laurent Fabius gehört. Doch dieser hat am Samstag seinen Präsidenten François Hollande auf der Reise in den nordwestafrikanischen Staat begleitet – und schafft es am Sonntag nicht rechtzeitig nach München. In Timbuktu waren die französischen Politiker von Tausenden begeistert als Befreier gefeiert worden (siehe nebenstehenden Bericht).

So können sich nur andere lobend über Frankreich äußern, das seit dem 11. Januar im Norden Malis erfolgreich gegen islamistische Besatzer kämpft. US-Vizepräsident Joe Biden begrüßt das französische Engagement und verweist auf amerikanische Hilfe bei Aufklärung und Lufttransport. „Der Kampf gegen El Kaida im Maghreb liegt auch im Interesse Amerikas“, betont er.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wird in der Diskussion gefragt, ob Deutschland Frankreich ausreichend unterstütze. Als er antwortet, hört auch Biden aufmerksam zu. Die deutsche Unterstützung sei „umfangreicher, als dies in der Öffentlichkeit gesehen wird“. Die „wichtigste Hilfe“ sei der Beitrag zur Ausbildung der afrikanischen Truppen, die demnächst die französischen Einheiten im Norden Malis ablösen sollen. Ob ihm diese Antwort genügt, lässt sich der US-Vizepräsident nicht anmerken.

 
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