Die meisten Bundesbürger nehmen die Debatten und die Arbeit im Deutschen Bundestag kaum wahr. Nur jeder Vierte kann sich konkret an eine Debatte der vergangenen Monate erinnern. Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung, die am Montag veröffentlicht wurde. 27 Prozent der Befragten haben demnach in den vergangenen Monaten eine Bundestagsdebatte im Radio oder Fernsehen verfolgt. Im Vergleich zu einer Umfrage Mitte der 80er Jahre ist dies ein Rückgang um rund die Hälfte.
Nur 54 Prozent der Befragten können laut Studie sagen, welche Parteien derzeit die Opposition (Linke und Grüne) bilden. 29 Prozent gaben darauf eine falsche Antwort, 17 Prozent machten keine Angabe. Allerdings: Grundkenntnisse zum Wahlsystem sind verbreitet. So wissen 64 Prozent, dass es neben direkt gewählten Abgeordneten auch nicht direkt gewählte Parlamentarier gibt.
Zugleich ist laut der Erhebung die Medienberichterstattung über die parlamentarische Arbeit zurückgegangen. So wurden in den vergangenen zwölf Monaten 275 Beiträge in den wichtigsten deutschen Print- und Online-Medien verzeichnet. 2005 und 2006 waren es im Schnitt noch 468 Beiträge pro Jahr.
Die schwarz-rote Koalition will nach Kritik von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die Attraktivität der Fragestunde erhöhen: Künftig soll jeder Minister dem Parlament einmal im Jahr Rede und Antwort stehen. Die Autoren der Bertelsmann Stiftung kritisieren dies als Minimalkonsens, der nur ein Anfang sein könne. Den SPD-Vorschlag, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein- oder zweimal im Jahr zur Befragung erscheinen soll, blockte die Union mit dem Verweis „Kein Spektakel unter dem Bundesadler“ ab.