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BERLIN/BERN
Der Ärger über die Schweiz wächst
Von dpa-Korrespondent Basil Wegener
 |  aktualisiert: 02.04.2012 19:52 Uhr

Die Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder erschweren eine Lösung des Steuerstreits mit der Schweiz. Ungeachtet aller Appelle der Kanzlerin machen SPD und Grüne verstärkt Front gegen das geplante Steuerabkommen, für das die Koalition im Bundesrat auch auf rot-grün regierte Länder angewiesen ist.

Die Bundesregierung zeigte sich von dem spektakulären Schritt der Schweizer Justiz überrascht. Allerdings hatte das Alpenland die deutschen Behörden bereits vor zwei Wochen gebeten, gegen die Beamten zu ermitteln und sie zu vernehmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt auf rasche Beilegung des Steuerstreits durch das für Anfang 2013 geplante Abkommen. „Die Strafverfolgung deutscher Beamter würde aufhören – ebenso die Strafverfolgung von Schweizer Beamten hier in Deutschland“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Die Schweizer Justiz hatte Haftbefehl gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen erlassen. Merkel sehe das deutsch-schweizerische Verhältnis dadurch aber nicht belastet, sagte Seibert. Die Beamten sollen im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein.

Die Schweizer Bundesanwaltschaft stellte bereits am 20. März ein Rechtshilfe-Ersuchen an die NRW-Justizbehörden, wie das Bundesjustizministerium mitteilte. Die Schweizer Bundesanwaltschaft bat nach Angaben der Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft um Ermittlungen gegen die Beamten sowie um ihre Vernehmung. Eine Ministeriumssprecherin sagte, die Bundesregierung sei deshalb konsultiert worden. Das Ersuchen sei bei ihr über verschiedene Landes- und Bundesstellen erst Ende vergangener Woche angekommen. Die Abstimmung dauere an. Der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte erkennen lassen, sein Ressort wisse darüber nicht Bescheid.

Für die Grünen machte Fraktionschef Jürgen Trittin deutlich, dass sie das geplante Steuerabkommen nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Haftbefehle ablehnen. „Einziges Interesse der Schweiz ist es, das Geschäftsmodell ihrer Banken zu sichern, die sich am Schwarzgeld der Welt eine goldene Nase verdienen.“ SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte: „Die Gefahr des Scheiterns ist jedenfalls gewachsen.“

Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) betonte: „Nicht die sind die Täter, sondern die sind Tätern auf der Spur.“ Er unterstrich nochmals seine Ablehnung des Steuerabkommens, dessen Ziel sei: „Millionenbetrüger müssen einen kleinen Teil ihrer Beute zurückgeben, um straffrei zu bleiben.“ Auch die Deutsche Steuergewerkschaft wünscht sich das Abkommen in den Papierkorb. Dann könnten Steuerfahnder weiter Kundendaten ankaufen.

Mit dem Steuerabkommen würden alle anhängigen Verfahren eingestellt, erklärte Schäubles Sprecher Martin Kotthaus. Die Straffreiheit würde rückwirkend gelten. Steuer-CDs würden nicht mehr gebraucht. Zudem seien beträchtliche Steuerzahlungen von Deutschen zu erwarten, die ihr Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz gebracht haben.

Wirbel gab es um Schäubles Aussage, die Schweiz habe ihr Strafrecht, das Abkommen sei nicht von den Haftbefehlen betroffen. Trittin warf Schäuble vor, die Loyalität zu den Finanzbeamten zu opfern.

Erfolgreiche deutsche Steuerfahnder

Drei Steuerfahndern aus Nordrhein-Westfalen drohen in der Schweiz Festnahme und Untersuchungshaft, weil sie am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuersünder beteiligt gewesen sein sollen. Die SPD in NRW sieht sich in ihrer harten Linie bestätigt, auch wenn die CD mit 1100 Namen deutscher Kunden der Credit Suisse noch zu schwarz-gelben Regierungszeiten vom Land NRW gekauft worden war. 2,5 Millionen Euro werden als Kaufpreis nicht bestritten.

In Deutschland können sich die Steuerfahnder auf das Bundesverfassungsgericht berufen, das den Ankauf von Daten-CDs mit Namen deutscher Steuerhinterzieher für rechtmäßig erklärt hat. Aus Sicht der Schweizer Justiz ist das ein Fall von Wirtschaftsspionage und Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses. Denn die Deutschen sollen zum Diebstahl angestiftet haben. Dabei geht es vor allem um Präsentations-Unterlagen der Credit Suisse über den Umgang mit deutschen Kunden. Die Credit Suisse musste bereits 150 Millionen Euro an die nordrhein-westfälische Gerichtskasse überweisen, um damit ein Strafverfahren gegen ihre Mitarbeiter zu beenden. FOTO: dpa

 
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