Vom Platz vor dem Reichstagsgebäude hinter die Mauern des Verteidigungsministeriums: Der Ortswechsel für das feierliche Gelöbnis von Bundeswehrsoldaten am 68. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler hat für politischen Streit gesorgt. Rund 400 Rekruten kamen am Freitag vor dem Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks zusammen, um die Verteidigung des Rechts und der Freiheit des deutschen Volkes zu geloben.
Generalinspekteur Volker Wieker betonte in seiner Rede, der Ort hätte kaum symbolträchtiger gewählt werden können. Im Bendlerblock hatten Offiziere der Wehrmacht 1944 das Attentat auf Hitler vorbereitet.
Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus und Politiker von Union und SPD hatten den Ortswechsel dagegen zuvor kritisiert. „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer“, sagte Königshaus der „Welt“. In den vergangenen vier Jahren fand die Zeremonie vor dem Reichstag statt.
150 Demonstranten
Verteidigungsminister Thomas de Maiziere würdigte die Hitler-Attentäter als Vorbilder der Bundeswehrsoldaten von heute. „Die Bundeswehr stellt sich bewusst in die Tradition des Widerstands vom 20. Juli 1944“, sagte er in seiner Gelöbnis-Rede. „Der 20. Juli verpflichtet uns alle, heute und in Zukunft.“ Offiziere um Claus Schenk Graf von Stauffenberg hatten am 20. Juli 1944 vergeblich versucht, Hitler mit einer Bombe zu töten.
Antimilitaristische und autonome Gruppen demonstrierten gegen das Gelöbnis. Nach Angaben der Polizei folgten rund 150 Menschen einem Aufruf des Bündnisses „GelöbNix“ und zogen von Berlin-Kreuzberg Richtung Bendlerblock. Das Gelände wurde weiträumig abgesperrt. Nach Polizeiangaben gab es keine Zwischenfälle. Trillerpfeifen oder Vuvuzelas waren den Demonstranten untersagt worden, damit die militärische Zeremonie nicht gestört wird.
Die Tradition des feierlichen Gelöbnisses von Bundeswehr-Rekruten am 20. Juli zur Würdigung des Widerstands gegen das Nazi-Regime gibt es seit 1999. Zunächst fand die Zeremonie wie auch jetzt wieder auf dem Paradeplatz des Bendlerblocks statt, in dem sich heute das Verteidigungsministerium befindet. Der Bau des Ehrenmals der Bundeswehr führte 2008 dazu, dass das Gelöbnis auf den Platz vor dem Reichstagsgebäude verlegt wurde. Schon damals gab es heftigen Streit über den Ort.
Der Bendlerblock
Der Gebäudekomplex im Berliner Ortsteil Tiergarten gilt als Zentrum des Umsturzversuchs gegen das nationalsozialistische Regime am 20. Juli 1944. Der nach dem Kommunalpolitiker Johann Christoph Bendler (1789-1873) benannte Bendlerblock entstand von 1911 bis 1914 als Reichsmarineamt an der früheren Bendlerstraße. Zur Zeit der Weimarer Republik war der Block Sitz des Reichswehrministeriums, von 1935 an zudem des Allgemeinen Heeresamtes der NS-Wehrmacht. Im Bendlerblock arbeitete auch der Widerstandskreis um General Friedrich Olbricht und Claus Schenk Graf von Stauffenberg. In der Nacht nach ihrem gescheiterten Attentat auf Hitler wurden Stauffenberg und drei Mitverschwörer im Hof des Areals standrechtlich erschossen. Text: dpa