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BERLIN/WÜRZBURG
De Maiziere in Erklärungsnot
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 12.06.2013 20:53 Uhr

Verteidigungsminister Thomas de Maiziere taumelt unter neuen Vorwürfen zur Beschaffungspanne bei der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ wie ein angeschlagener Boxer: Stärker als je zuvor steht der Verdacht im Raum, er habe Parlament und Öffentlichkeit über den Zeitpunkt getäuscht, zu dem massive Probleme bei dem – inzwischen gestoppten – Rüstungsprojekt bekannt wurden.

Zunächst hatte der CDU-Politiker erklärt, er habe am 13. Mai von zwei Staatssekretären von „unlösbaren“ Problemen erfahren – nachdem sie entschieden hatten, das Euro Hawk-Projekt zu stoppen. Dann hieß es, er habe am 8. Mai beim Redaktionsbesuch beim Ingolstädter „Donaukurier“ berichtet, er wisse von ernsten Problemen. Auch die Selbstverteidigungslinie hielt nicht lange.

Laut „Süddeutscher Zeitung“ vom Mittwoch erhielt de Maiziere schon am 10. Dezember 2012 zur Vorbereitung eines Gesprächs bei der EADS-Rüstungstochter Cassidian eine Informationsmappe, in der das Rüstungsprojekt sehr kritisch bewertet wurde. „Aufgrund der Zulassungsproblematik und weiterer Unsicherheiten“ sei „keine Grundlage gegeben, um eine Entscheidung für eine Serienbeauftragung zu befürworten oder gar zu treffen“, heißt es da.

Journalisten, die das wochenlange Mauern des Ministers in der Frage und seine Erklärung in der Bundespressekonferenz im Ohr haben, sind irritiert. Die Opposition sieht den Ressortchef der Lüge überführt. „De Maiziere hat gelogen“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. „Ich fordere den Rücktritt.“

Koalitionspolitiker wie der Würzburger Verteidigungsexperte Joachim Spatz (FDP) stellten sich vor de Maiziere – auch wenn ranghohe Parteifreunde wie Wolfgang Kubicki bereits auf Distanz gingen. SPD, Grüne und Linkspartei setzten aber – trotz des nahen Wahltermins im September – durch, dass der Verteidigungsminister ab 26. Juni vor einen Untersuchungsausschuss muss.

Die Union drohte, SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor den Ausschuss zu laden. Er war Finanzminister in der Großen Koalition. Überhaupt müht sich die Regierungskoalition, den Blick wegzulenken von den aktuellen Ereignissen, hin zu den Anfängen des Drohnenprojekts um die Jahrtausendwende.

Unter Ressortchef Rudolf Scharping (SPD) begann 2001 die Erprobung. Allerdings gab es damals – wie unter dem verstorbenen Nachfolger Peter Struck – massive Warnungen. Der Würzburger Verteidigungsexperte Walter Kolbow (SPD), parlamentarischer Staatssekretär unter beiden Ministern, sagt heute: „Ich habe keine Erinnerung mehr an derartige Vorgänge.“ Der Vertragsabschluss erfolgte erst später, als die CDU den Minister stellte. Andernfalls wäre es Kolbows Rolle als parlamentarischer Staatssekretär gewesen, dem Verteidigungsausschuss darüber zu berichten. „Dann hätten wir uns im Kollegium damit befassen müssen – haben wir aber nicht.“ Dennoch ist Kolbow, der 2009 aus dem Bundestag ausschied, gespannt, „ob ich auch vor den Untersuchungsausschuss geladen werde“.

Erst der Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) setzte 2005 die Unterschrift unter den Drohnen-Vertrag. Unter Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schlugen im Sommer 2009 Prüfer der Bundeswehr wegen Problemen bei der Zulassung Alarm – das Drohnen-Debakel begann.

 
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