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„Das Problem ist Gabriel selbst“
GERMANY-GREECE-ECONOMY-REFERENDUM-FILES       -  Sigmar Gabriel
Foto: ODD ANDERSEN, afp | Sigmar Gabriel
reda
 |  aktualisiert: 10.07.2015 18:41 Uhr

Der Politikberater Michael Spreng war Chefredakteur der „Bild am Sonntag“. 2002 wurde er Wahlkampfmanager des damaligen CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber.

Frage: Herr Spreng, mal ganz allgemein: Was kann ein Medienberater aus einem Politiker machen?

Michael Spreng: Er kann nur etwas aus ihm machen, wenn er schon bei der Erarbeitung einer künftigen Strategie dabei ist. Es führt nicht zum Erfolg, wenn der Politiker glaubt, er könne den Berater anweisen: Jetzt verkauf mich mal schön!

SPD-Chef Sigmar Gabriel soll mit Blick auf seine schlechten Umfragewerte und möglicherweise auch seine Kanzlerkandidatur bei der Bundestagswahl 2017 zwei konservative Medienberater angeheuert haben. Was darf er sich von diesen erwarten?

Spreng: Sie können ihm Ratschläge geben, wie er sich präsentieren oder mit welchen Medien er wann sprechen soll ...

...Gabriel gilt als beratungsresistent.

Spreng: Gabriel macht sehr situativ und emotional Politik, das stimmt. Hinzu kommt die überragende Stellung von Kanzlerin Angela Merkel, und dass es der SPD bisher nicht gelungen ist, ihr Themenangebot in die Mitte hinein zu verbreitern. Die SPD muss wirtschaftsnäher werden, um mehr Stimmen zu gewinnen. Jeder Berater hat in dieser Situation ein schweres Päckchen zu tragen.

Warum gelingt es der SPD nicht, aus dem Umfragetief zu kommen?

Spreng: Das Problem ist Gabriel selbst. Er ist ein Politiker des „Mal so, mal so“: heute zornig und arrogant, morgen verbindlich und freundlich. Gabriel hat häufig keine klare Linie und reagiert aus dem Bauch heraus. Er muss berechenbar werden. Dass die SPD ein widersprüchliches Bild in der Öffentlichkeit vermittelt, liegt an seiner impulsiven Art.

Auch zur Schuldenkrise in Griechenland äußert sich Gabriel widersprüchlich: Mal gibt er sich milde, mal poltert er. Sein Satz, der griechische Premier Alexis Tsipras habe mit dem Referendum zum Sparkurs „letzte Brücken eingerissen“, hat die Parteilinke verärgert. Die war schon verstimmt wegen seines Ja zur Vorratsdatenspeicherung und seiner Annäherung an Pegida.

Spreng: Er versucht, beim Thema Griechenland Gehör zu finden neben Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, indem er bewusst hart gegenüber Griechenland auftritt. Das ist ein Versuch, Profil zu gewinnen. Das Risiko ist, dass das zu Widerstand im linken Flügel seiner Partei führt. In der SPD ist so etwas immer eine Gratwanderung, und bei dieser Gratwanderung kann man in der SPD leicht abstürzen.

Mit Gabriels Kurs hat die SPD diese Woche dennoch keine Prozentpunkte in den Umfragen hinzugewonnen.

Spreng: Aber sie könnte weiter verlieren, wenn sie als sprachlose Partei erscheint. Sie muss auf jeden Fall eine Position besetzen. Vielleicht kann man es so sagen: Merkel spielt im Griechen-Drama die Rolle der Geduldigen und Gabriel die des Ungeduldigen. Beide Positionen sind berechtigt. Und wir werden am Sonntag sehen, wer mit seiner Position besser gelegen hat. Dann wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs ja wieder zu einem Krisengipfel treffen.

Was halten Sie vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras?

Spreng: Er ist ohne Zweifel ein charismatischer Politiker, aber eben auch ein Ideologe. Er will, dass die Welt so ist, wie er sie sieht. Damit ruft er in der EU mehr Widerstand hervor als Zustimmung.

Wie sein zurückgetretener Finanzminister Gianis Varoufakis.

Spreng: Varoufakis ist aber permanent aus der Rolle gefallen. Er war ja nur schädlich für Griechenland. So wie er darf ein Politiker überhaupt nicht agieren.

Meinen Sie, er hatte Medienberater?

Spreng: Das kann ich mir nicht vorstellen, und wenn, dann wurde er von irgendwelchen wild gewordenen Scharfmachern beraten.

Was hätten Sie ihm denn geraten?

Spreng: Nichts. Das wäre auch völlig aussichtslos gewesen.

Dabei hatte er doch ein enormes Potenzial, was seine öffentliche Wirkung anging. Denken Sie nur an sein Motorrad . . .

Spreng: Er hatte ohne Zweifel ein spannendes Image kreiert, aber er war politisch total erfolglos. Wenn die Geschichte dieser Krise einmal geschrieben wird, wird er als negativer Held auftauchen. Foto: Karlheinz Schindler, dpa

„Die SPD muss wirtschaftsnäher werden, um mehr Stimmen zu gewinnen. Jeder Berater hat in dieser Situation ein schweres Päckchen zu tragen.“
Michael Spreng
 
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