Der Politikberater Michael Spreng war Chefredakteur der „Bild am Sonntag“. 2002 wurde er Wahlkampfmanager des damaligen CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber.
Michael Spreng: Er kann nur etwas aus ihm machen, wenn er schon bei der Erarbeitung einer künftigen Strategie dabei ist. Es führt nicht zum Erfolg, wenn der Politiker glaubt, er könne den Berater anweisen: Jetzt verkauf mich mal schön!
Spreng: Sie können ihm Ratschläge geben, wie er sich präsentieren oder mit welchen Medien er wann sprechen soll ...
Spreng: Gabriel macht sehr situativ und emotional Politik, das stimmt. Hinzu kommt die überragende Stellung von Kanzlerin Angela Merkel, und dass es der SPD bisher nicht gelungen ist, ihr Themenangebot in die Mitte hinein zu verbreitern. Die SPD muss wirtschaftsnäher werden, um mehr Stimmen zu gewinnen. Jeder Berater hat in dieser Situation ein schweres Päckchen zu tragen.
Spreng: Das Problem ist Gabriel selbst. Er ist ein Politiker des „Mal so, mal so“: heute zornig und arrogant, morgen verbindlich und freundlich. Gabriel hat häufig keine klare Linie und reagiert aus dem Bauch heraus. Er muss berechenbar werden. Dass die SPD ein widersprüchliches Bild in der Öffentlichkeit vermittelt, liegt an seiner impulsiven Art.
Spreng: Er versucht, beim Thema Griechenland Gehör zu finden neben Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble, indem er bewusst hart gegenüber Griechenland auftritt. Das ist ein Versuch, Profil zu gewinnen. Das Risiko ist, dass das zu Widerstand im linken Flügel seiner Partei führt. In der SPD ist so etwas immer eine Gratwanderung, und bei dieser Gratwanderung kann man in der SPD leicht abstürzen.
Spreng: Aber sie könnte weiter verlieren, wenn sie als sprachlose Partei erscheint. Sie muss auf jeden Fall eine Position besetzen. Vielleicht kann man es so sagen: Merkel spielt im Griechen-Drama die Rolle der Geduldigen und Gabriel die des Ungeduldigen. Beide Positionen sind berechtigt. Und wir werden am Sonntag sehen, wer mit seiner Position besser gelegen hat. Dann wollen sich die EU-Staats- und Regierungschefs ja wieder zu einem Krisengipfel treffen.
Spreng: Er ist ohne Zweifel ein charismatischer Politiker, aber eben auch ein Ideologe. Er will, dass die Welt so ist, wie er sie sieht. Damit ruft er in der EU mehr Widerstand hervor als Zustimmung.
Spreng: Varoufakis ist aber permanent aus der Rolle gefallen. Er war ja nur schädlich für Griechenland. So wie er darf ein Politiker überhaupt nicht agieren.
Spreng: Das kann ich mir nicht vorstellen, und wenn, dann wurde er von irgendwelchen wild gewordenen Scharfmachern beraten.
Spreng: Nichts. Das wäre auch völlig aussichtslos gewesen.
Spreng: Er hatte ohne Zweifel ein spannendes Image kreiert, aber er war politisch total erfolglos. Wenn die Geschichte dieser Krise einmal geschrieben wird, wird er als negativer Held auftauchen. Foto: Karlheinz Schindler, dpa