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Das Experten-Kabinett in Österreich steht
Mariele Schulze-Berndt
 |  aktualisiert: 10.06.2019 02:11 Uhr

Österreichs neue Regierung ist im Amt. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein berief sechs Männer und fünf Frauen für ihr Kabinett. Sie zeichnen sich durch „unbestrittene Expertise und den treuen, langen Dienst für die Republik“ aus, erklärte die frühere Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes in ihrer ersten Rede im Kanzleramt. Sechs der Kabinettsmitglieder werden der konservativen ÖVP, zwei der Sozialdemokratie und einer der rechtspopulistischen FPÖ zugeordnet. Die liberalen Neos und die Grünen-nahe Liste Jetzt sind nicht vertreten. Alle sind Fachbeamte des höheren Dienstes gewesen.

Die Regierung Bierlein kam in Absprache mit Parteichefs und dem Bundespräsidenten zustande. So soll ein Misstrauensvotum im Parlament gegen das wohl nur wenige Monate amtierende Kabinett verhindert werden.

Bereits beim Start umstritten ist der neue Verkehrsminister Andreas Reichhardt. Der Burschenschaftler folgt auf Norbert Hofer (FPÖ) als Infrastrukturminister. Schon seit Jahren kursieren Fotos von Reichhardt, die ihn Ende der achtziger Jahre bei einer Wehrsportübung zusammen mit dem ehemaligen FPÖ-Vorsitzenden Heinz- Christian Strache zeigen. Dennoch blieb Reichhardt 2008 unter dem SPÖ-Infrastrukturminister Werner Faymann Hauptabteilungsleiter im Ministerium. Die FPÖ verhinderte einen ÖVP-Wunschkandidaten als Innenminister. Bierlein wählte deshalb Wolfgang Peschorn, der seit 2006 die Finanzprokuratur leitet und den Staat in Rechtsfragen vertritt. Er kam durch den ehemaligen FPÖ-Politiker Karl-Heinz Grasser ins Amt.

Obwohl die FPÖ wegen der Ibiza - Affäre angeschlagen ist, nutzt sie ihre Möglichkeiten, politische Macht auszuüben. Der ehemalige Vorsitzende Heinz-Christian Strache legte seine Ämter nieder und wurde als Parteivorsitzender durch Ex-Minister Norbert Hofer ersetzt. Strache droht jetzt aber einen Sitz im Europäischen Parlament zu beanspruchen. Eine Initiative der rechtsextremen Identitären in den Sozialen Medien hat ihm große Unterstützung und eine Art Direktmandat gebracht, in Österreich Vorzugsstimmenmandat genannt. Während Strache noch öffentlich zögert, wirbt seine Frau Philippa für die Rückkehr ihres Mannes in die Politik. Innerhalb der FPÖ mehren sich Gegenstimmen. Erste Ausschlussforderungen wurden gestern dementiert. Ihnen folgten Loyalitätsbekundungen.

Bierlein erklärte in ihrer Antrittsrede gestern, ihre Regierung verzichte bewusst auf zwei Ministerien und lege Wert auf schlanke Strukturen. Sie appellierte an das Parlament, dem Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht angehört, möglichst schnell Neuwahlen in die Wege zu leiten. Der genaue Termin im September ist allerdings zwischen SPÖ und ÖVP noch umstritten.

Auf die Bestellung eines neuen EU-Kommissars müssen Regierung und Parlament sich vorher einigen. Die Abgeordneten könnten die nächsten Sitzungen darüber hinaus für spektakuläre Beschlüsse nutzen. Das will die ÖVP verhindern. Erst, wenn klar sei, dass „Wahlzuckerl“ ausgeschlossen seien, könne beispielsweise über die Einführung eines generellen Rauchverbotes in der Gastronomie entschieden werden, erklärte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer.

 
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