Christian Mölling ist stellvertretender Vorsitzender des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und erklärt als Experte die Abschuss-Theorie.

Frage: Ist es tatsächlich möglich, ein Flugzeug aus Versehen abzuschießen?

Christian Mölling: Ja, das wäre nicht das erste Mal. Wir hatten schon 2014 den Abschuss der MH17 in der Ukraine. Das ist möglich, wenn man die Sicherungsmaßnahmen, die normalerweise in solchen Systemen sind, außer Kraft setzt und die Befehlskette nicht einhält.

Das Flugzeug stürzte ja kurz nach einem Vergeltungsangriff des Iran auf US-Ziele im Irak ab.

Mölling: Bei einem Luftangriff ist das erste Ziel die Flugabwehr. Das heißt, die Soldaten, die an der Luftabwehr operieren, würden als Erste sterben. Sie stehen vor der Wahl: Entweder ich schieße oder der andere würde schießen. Außerdem versucht die erste Welle von Angriffen normalerweise, das Radarsystem zu manipulieren.

Wie erkennt eine Flugabwehr, ob es sich um ein ziviles oder ein militärisches Flugzeug handelt?

Mölling: Jedes zivile Flugzeug hat einen Transponder, der sendet ein Funksignal, das sagt: „Ich bin ein ziviles Flugzeug.“ Zusätzlich kann man aufgrund von Geschwindigkeit, Höhe und Größe des Radarbildes ungefähr abschätzen, was da fliegt.

Wie kann es dann überhaupt zu einer Verwechslung kommen?

Mölling:

Wann immer Sie als Flugabwehr das Radar anschalten, erzählen Sie damit dem Gegner, wo Sie sind, und müssten sofort Ihre Position wechseln. Deshalb schalten Sie Ihr Radar nicht die ganze Zeit an, sondern immer nur kurz. Und in dieser kurzen Zeit müssen Sie erkennen, was eigentlich los ist. Außerdem hängt es davon ab, wie gut das Radarsystem ist.

Viele Flugrouten in die Golfregion und darüber hinaus führen über den Iran. Müssen Urlauber befürchten, dass ihr Flugzeug abgeschossen werden könnte?

Mölling: Nein, das glaube ich nicht. Jetzt werden Flugzeuge um das Gebiet herumgeleitet. Foto: dgap