Zusätzliche steuerliche Anreize für den Bau neuer Mietwohnungen und eine Verschärfung der Mietpreisbremse – mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen, die der Deutsche Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen von Union und SPD beschlossen hat, will die Große Koalition neuen Wohnraum in den Ballungsgebieten schaffen und den starken Anstieg der Mieten bei Neuvermietungen begrenzen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
„Die Devise der Union ist: bauen, bauen, bauen“, sagt der für den Wohnungsbau zuständige stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Ulrich Lange. Damit vor allem in den Großstädten und Ballungsräumen, wo bereits jetzt ein großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum herrscht, möglichst schnell 1,5 Millionen neue Mietwohnungen entstehen, soll es eine bis Ende 2021 befristete Sonderabschreibung für Bauherren geben.
Investoren können zusätzlich zur bereits bestehenden linearen Abschreibung von zwei Prozent weitere fünf Prozent der Baukosten von der Steuer absetzen. Voraussetzung ist, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3000 Euro pro Quadratmeter nicht übersteigen, zudem muss die Wohnung im Jahr der Herstellung und in den darauf folgenden neun Jahren vermietet werden, ist also dem Eigenbedarf entzogen. Gefördert wird auch der Bau neuer Wohnungen in bereits bestehenden Gebäuden. Für Unionsfraktionsvize Ulrich Lange ist die Sonderabschreibung „ein Baustein in unserer Wohnraumoffensive“. Andere Bausteine wie das Baukindergeld „haben wir bereits erfolgreich umgesetzt“.
Die Grünen sprechen von einem „Steuergeschenk für Investoren“. Genossenschaften oder kommunale Wohnungsunternehmen würden dagegen davon nicht profitieren, sagt Chris Kühn aus Tübingen, der Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik. „Durch diese Sonderabschreibung wird nicht eine bezahlbare Wohnung mehr gebaut werden.“ Denn billig bauen heiße nicht billig vermieten, da sich die Mietpreise nicht nach den Errichtungskosten sondern nach dem Markt richten würden. „Die Große Koalition befindet sich wieder einmal auf dem wohnungspolitischen Blindflug“, so Kühn. Die FDP fordert dagegen, auf die Sonderabschreibung zu verzichten und stattdessen die lineare Abschreibung deutlich zu erhöhen.
„Die Idee ist richtig, aber der Weg dahin ist falsch“, sagt Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Eine befristete Sonderabschreibung wirke in Zeiten der ohnehin überhitzten Baukonjunktur als „Preistreiber“, da die Kapazitäten am Bau weitgehend ausgeschöpft sind. Die enge zeitliche Beschränkung der Regelung wirke zudem als „fatales Signal an die Baubranche“, nicht in zusätzliche Kapazitäten zu investieren. Die fehlenden Kapazitäten seien aber das Hauptproblem, die ein Mehr an Neubau verhindern. „Die gut gemeinte steuerliche Förderung geht daher am Ende voll nach hinten los und nutzt herzlich wenig“, so der Chef des Gesamtverbandes der Wohnungswirtschaft.
Vermieter sind zur Transparenz verpflichtet. Sie müssen ihre neuen Mieterinnen und Mieter noch vor dem Abschluss des Mietvertrags unaufgefordert informieren, ob im konkreten Fall eine Ausnahme von der Mietpreisbremse vorliegt, beispielsweise weil die Vormiete schon deutlich über der ortsüblichen Miete lag oder weil in den letzten drei Jahren eine umfassende Modernisierung der Wohnung vorgenommen wurde. Außerdem sind, wie bisher, Neubauten, die nach dem 1. Oktober 2014 fertiggestellt und erstmals vermietet wurden, von der Bremse ausgenommen, aber auch nur dann, wenn der Vermieter das Datum der Fertigstellung offenlegt.
Bislang durften Vermieter elf Prozent der Kosten auf die Jahresmiete umlegen, künftig sind in Gebieten mit geltender Kappungsgrenze nur noch acht Prozent pro Jahr erlaubt. Zudem wird bundesweit und für alle Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von sechs Jahren durchgeführt werden, eine absolute Kappungsgrenze eingeführt: Die Miete darf höchstens um drei Euro pro Quadratmeter erhöht werden.
Da es in der Praxis immer wieder vorkommt, dass Eigentümer besonders teure und aufwändige Modernisierungen durchführen, die einen hohen Mietanstieg rechtfertigen, oder die Baumaßnahmen in einer Art und Weise vornehmen, dass die Mieter entnervt aufgeben und von sich aus kündigen, wird das „Herausmodernisieren“ als Ordnungswidrigkeit in das Wirtschaftsstrafgesetz aufgenommen. In diesem Fall drohen Bußgelder. Zudem haben die Mieter, die von derartigen Maßnahmen betroffen sind, einen Anspruch auf Schadensersatz- Sie können zum Beispiel die Kosten für den Umzug oder für die höhere Miete in der neuen Wohnung geltend machen.