Drei Tage nach den herben Verlusten der CSU bei der Bundestagswahl hat sich CSU-Chef Horst Seehofer in einer gut vierstündigen internen Aussprache mit der CSU-Landtagsfraktion gegen interne Kritiker zunächst durchgesetzt: Die Entscheidung über seine Zukunft als Parteivorsitzender soll bis zum Parteitag Mitte November verschoben werden. In der Zwischenzeit soll es keine Personaldebatten in der Partei mehr geben, um die Position der CSU bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht zu schwächen.
Seehofer erklärte nach der Sitzung, an seiner Ankündigung, weiter als Parteivorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2018 antreten zu wollen, habe sich durch das Wahlergebnis nichts geändert: „Ich habe keinen Grund, dazu eine neue Position einzunehmen.“
Bis zum Parteitag, auf dem turnusgemäß die Neuwahl des Parteivorsitzenden ansteht, sei zudem die Frage geklärt, ob die CSU Bundeskanzlerin Angela Merkel in den anstehenden Koalitionsverhandlungen auf eine härtere Linie zwingen kann, um – wie von Seehofer angekündigt – „die rechte Flanke zu schließen“. Der Parteitag sei deshalb der richtige Ort, um die Person des Parteivorsitzenden zu diskutieren, findet Seehofer.
Ländner: Parteitag verschieben
In der Fraktion fürchtet man aber einen taktischen Winkelzug Seehofers: Da der Parteitag wohl mitten in den Berliner Koalitionsverhandlungen liegt, sei eine offene Debatte um die Führungsfrage zu diesem Zeitpunkt gar nicht möglich: „Es wäre deshalb richtig, den Parteitag zu verschieben und erst abzuhalten, wenn die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind“, fordert deshalb etwa der unterfränkische CSU-MdL Manfred Ländner. Denn erst dann sei auch klar, ob Seehofer im Sinne der CSU in Berlin erfolgreich gewesen sei. Und erst dann könne man wirklich über Personalfragen reden, findet Ländner.
Bereits vor der Sitzung hatte Seehofer die parteiinternen Kritiker, die sich in den letzten beiden Tagen öffentlich zu Wort gemeldet hatten, attackiert: „Die letzten zwei Tage waren eine Belastung für die CSU, das kann man nicht wegdiskutieren“, sagte Seehofer. Und: „Der Schaden ist schon entstanden, der ist nicht mehr auszuradieren.“
Lächerliche Kritiker?
In der Sitzung griff er die Kritiker gleich zu Beginn seiner Rede direkt an, berichteten mehrere Teilnehmer übereinstimmend: Die CSU gebe sich mit den internen Angriffen auf seine Person der „Lächerlichkeit“ preis, sagte der Ministerpräsident. Auch machte er sich laut Ohrenzeugen über seine Kritiker lustig: Als er am Vortag in Berlin mit Angela Merkel über den künftigen Kurs gesprochen habe, seien ständig neue Meldungen mit den kritischen Stimmen hereingereicht worden. Er habe Merkel dann erst einmal erklären müssen, „wer das überhaupt ist“, stänkerte Seehofer.
Zu den damit angesprochenen Kritikern in der CSU-Fraktion zählen der Hofer MdL Alexander König, die Fürther Abgeordnete Petra Guttenberger sowie Finanzstaatssekretär Albert Füracker. Vor allem Füracker, der auch CSU-Bezirkschef in der Oberpfalz ist, attackierte Seehofer – auch vor der Presse: „Ungewöhnlich für ein Regierungsmitglied“ sei dessen im Namen des oberpfälzischen Bezirksvorstandes erhobene Forderung nach personellen Konsequenzen gewesen. Es sei „nicht gut, wenn ein Regierungsmitglied den Regierungschef zum geordneten Übergang auffordert“, schimpfte Seehofer.
In der Sitzung attackierte auch der schwäbische Seehofer-Intimus Alfred Sauter die Forderung nach einem „geordneten Übergang“ scharf: Es sei „schizophren zu sagen, Seehofer soll die Drecksarbeit in Berlin machen und kann dann gehen“, zürnte Sauter. Und: „Viele Bürger haben uns gesagt, Merkel muss weg, aber niemand, Seehofer muss weg“, findet der Schwabe.
Unter den rund vierzig Wortmeldungen blieben die kritischen Stimmen offenbar klar in der Minderheit. Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich gehörte zu dem halben Dutzend kritischer Stimmen: Ohne tiefgreifende inhaltliche und personelle Veränderungen werde die CSU bei der Landtagswahl die dritte krachende Niederlage nach der Europawahl 2014 und nun der Bundestagswahl einstecken müssen, warnte er.
Von den unterfränkischen Abgeordneten meldete sich in der Sitzung dem Vernehmen nach nur Landtagspräsidentin Barbara Stamm zu Wort. Stamm hatte zuvor bereits mehrfach vor Personaldebatten gewarnt.
Mehrere Abgeordnete forderten laut Teilnehmern jedoch, dass Seehofer und Finanzminister Markus Söder künftig persönliche Angriffe unterlassen und enger zusammenarbeiten sollen. Söder gab sich nach der Sitzung bereits als Team-Spieler: „Ich reiche immer die Hand“, sagte er. Es gehe auch nicht „um Einzelpersonalfragen“, sondern um einen Erfolg als Mannschaft.
Der Würzburger CSU-MdL Oliver Jörg sprach nach der Sitzung von einer „offenen Aussprache“ mit dem gemeinsamen Ziel, Seehofer für die Verhandlungen in Berlin den Rücken zu stärken.
Die Personaldebatte bleibe auf dem Tisch, glauben derweil Seehofer-Kritiker: „Der Druck ist weiter da, auch wenn der Deckel auf dem Kessel im Moment sehr schwer ist.“