Es war eine Gratwanderung: In einer außergewöhnlichen Pressekonferenz hat CIA-Direktor John Brennan im Kampf gegen die Terrororganisation El Kaida Fehler eingeräumt, seinen Geheimdienst aber auch verteidigt. Brennan distanzierte sich von den Verhörpraktiken unter der früheren Regierung George W. Bush. Obwohl er der Untersuchung aus dem Senat Mängel vorhielt, reagierte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses positiv. Der frühere Vizepräsident Dick Cheney kommt derweil auch zum Irak-Krieg in Erklärungsnot.
John Brennan bittet nach Langley, und die Hauptstadtpresse staunt: Nie zuvor hat es eine live übertragene Pressekonferenz aus dem CIA-Hauptquartier in Virginia gegeben. Die Premiere zeigt, unter welchem Druck der Geheimdienst steht. Eine Studie der demokratischen Mitglieder des Geheimdienstausschusses im Senat wirft ihm vor, Regierung und Kongress jahrelang über brutale Methoden getäuscht zu haben.
„Die Art, wie die CIA das Inhaftierungs- und Verhörprogramm umgesetzt hat, ist ein sehr legitimes Aufsichtsanliegen“, konzediert der Direktor. Obwohl die Agentur das Vorgehen der Studie für fehlerhaft halte, seien viele der Ergebnisse stichhaltig. „Die CIA war nicht darauf vorbereitet, ein Inhaftierungs- und Verhörprogramm zu organisieren, und unsere Mitarbeiter haben seine anfänglichen Aktivitäten unzureichend entwickelt und überwacht“, sagt Brennan. „In einer begrenzten Anzahl von Fällen haben Mitarbeiter Verhörmethoden verwendet, die nicht genehmigt waren. Sie waren abscheulich und sollten zu Recht auf allgemeine Zurückweisung stoßen. Wir haben dabei versagt, diese Mitarbeiter zur Rechenschaft zu ziehen.“ Ob er das nachholen will, sagt Brennan nicht. Die überwältigende Mehrheit habe sich an damals geltende Vorschriften gehalten, erklärt er. „Sie taten, was ihnen im Dienst der Nation auferlegt wurde.“
Gegen andere Ergebnisse verwahrt sich Brennan. Es sei einfach nicht wahr, dass die Agentur irgendjemanden bewusst getäuscht habe. Das Projekt habe sehr wohl nützliches Wissen erbracht. Allerdings trifft Brennan eine wichtige Unterscheidung: „Lassen Sie mich das deutlich sagen: Wir sind nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass es die Verwendung der verschärften Verhörmethoden innerhalb dieses Programms war, das uns erlaubt hat, diese Informationen von den betroffenen Häftlingen zu bekommen.“ Die Beziehung zwischen Zwangsmethoden und der späteren Preisgabe von Information sei nicht zu ergründen.
Führungsvertreter der früheren Regierung Bush bis hinauf zu Ex-Vizepräsident Dick Cheney hatten in den vergangenen Tagen erneut darauf bestanden, dass die „Enhanced Interrogation Techniques“ (EITs) unverzichtbar gewesen seien. Brennan widerspricht: „Meiner Meinung nach gibt es wirksame Methoden ohne Zwang, um solche Informationen zu gewinnen – Methoden, die weder unserer nationalen Sicherheit schaden noch unserem internationalen Ansehen. Deshalb unterstütze ich die Entscheidung des Präsidenten uneingeschränkt, die Verwendung von EITs zu verbieten.“
Den Gegner treffen diese Sätze offenbar unvorbereitet. Die demokratische Vorsitzende des Senatsausschusses, Dianne Feinstein, hat Brennans Vortrag anfangs mit giftigen Twitter-Kommentaren begleitet. Als er fertig ist, veröffentlicht sie eine Stellungnahme: „Die Äußerungen von CIA-Direktor Brennan waren nicht, was ich erwartet habe“, schreibt sie. „Sie zeigen, dass die Führung der CIA verhindern will, dass so etwas jemals wieder passiert – das ist überragend wichtig.“ Richtig sei aber auch Brennans Befund, die CIA müsse den Mächtigen Wahrheiten sagen. Sie selbst habe 2006 und 2007 erlebt, dass das nicht erfolgt sei.
Manchmal allerdings wohl doch: Später am Tag kommt heraus, dass die CIA noch eine Woche vor dem Irak-Einmarsch versuchte, der Regierung Bush eines ihrer Hauptargumente auszureden. Die hatte behauptet, dass 9/11-Attentäter Mohammed Atta sich vor den Angriffen auf New York in Prag mit einem irakischen Gesandten getroffen habe, angeblich ein Indiz für eine Verwicklung Bagdads. Intern hatte der Geheimdienst diese Angaben früh als spekulativ entlarvt. Am 13. März 2003 warnte die CIA erneut: „Es gibt keinen einzigen Anti-Terrorismus-Experten der Regierung und keinen FBI-Experten, der (...) gesagt hätte, er habe Belege oder wisse, dass (Atta) tatsächlich (in Prag) war. Tatsächlich ergibt die Auswertung so ziemlich das Gegenteil.“