Die Wege in der Millionen-Metropole Peking sind für Angela Merkel kurz. Im Grunde spielt sich ihr Besuch in der Großen Halle des Volkes ab. In dem Monumentalbau am Platz des Himmlischen Friedens gegenüber der Verbotenen Stadt wird sie sowohl von Staats- und Parteichef Hu Jintao als auch von Ministerpräsident Wen Jiabao sowie dem Parlamentsvorsitzenden Wu Bangguo empfangen. Die chinesische Führung schenkt der Bundeskanzlerin viel Aufmerksamkeit. Doch Peking lässt keinen Zweifel daran, wer die Spielregeln bestimmt. In China werden Merkel Grenzen gesetzt.
So kommen zwei von der deutschen Seite geplante Begegnungen nicht zustande – ein Gespräch mit Chinas prominentestem Bürgerrechtsanwalt Mo Shaoping in Peking sowie ein Besuch bei der kritischen Zeitung „Nanfangzhoumo“ im südchinesischen Guangzhou. Merkel geht offiziell nicht auf dieses Störfeuer ein. Sie vermeidet eine Konfrontation mit dem Gastgeber, der zur Stabilisierung des Euros gebraucht wird. Doch gefallen kann das der Kanzlerin nicht. Erst recht nicht, wenn die chinesische Staatssicherheit den Anwalt daran hindert, die Kanzlerin bei einem Empfang in der deutschen Botschaft zu sehen, obwohl er vom deutschen Botschafter eingeladen war. Beamte der Staatssicherheit seien in der Kanzlei erschienen und hätten ihm erklärt, er dürfe die Einladung nicht wahrnehmen. Das diene nur der Stabilität, sei ihm beschieden worden, sagte Mo Shaoping.
Den Besuch bei der Zeitung während Merkels Abstecher in Kanton gibt es auch nicht. Angeblich hat die Provinzregierung so viel Druck ausgeübt, dass der Chefredakteur von sich aus abgesagt habe. Die Zeitung hatte zum Auftakt von Merkels China-Reise am Donnerstag ein Interview mit der Kanzlerin im Blatt, in dem es in erster Linie um Wirtschaftsfragen und die Schuldenkrise in Europa ging. Es wurde aber auch die Frage gestellt, ob Deutschland denn gut aufgestellt sei in seinem Bemühen um einen Ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat.
Merkel erwähnt bei fast jeder Gelegenheit während ihrer China-Reise, dass Menschenrechte unveräußerlich seien, wie wichtig Meinungsfreiheit sei und dass auch China Wohlstand langfristig nur auf sozialem Frieden gründen könne. Zwischen den Zeilen rät sie den Chinesen auch zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den Medien.
China weiß, dass sich Merkel nicht den Mund verbieten lässt. Einst lud sie den Dalai Lama ins Kanzleramt und ließ sich von chinesischer Kritik und Warnung nicht beirren. Dass sich das Verhältnis zwischen Peking und Berlin wieder verbesserte, mag auch an der chinesischen Wertschätzung für die nüchterne und sachliche Art der Kanzlerin liegen.