China und die USA steuern auf Kollisionskurs. Im Streit über die neue chinesische Luftraumüberwachungszone im Ostchinesischen Meer geht es um viel mehr als nur um unbewohnte Felseninseln: Es geht um die Macht in Ostasien. Die Supermacht USA will ihren Einfluss in der Asien-Pazifik-Region ausbauen.
Doch die aufstrebende Militärmacht China will keine US-Streitkräfte direkt vor ihrer Haustür – geschweige denn als Schutzmacht asiatischer Nachbarn, mit denen Peking um die Kontrolle über die wichtigsten Schifffahrtsstraßen der asiatischen Wachstumsregion und reiche Rohstoffvorkommen im Meeresboden streitet.
Das Säbelrasseln weckt aber Misstrauen bezüglich der Absichten der neuen Großmacht China. US-Vizepräsident Joe Biden sparte denn auch nicht mit scharfen Worten, bevor er mit Chinas neuem Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammentraf. Er bezeichnete die Einrichtung einer Luftraumzone als „provokative Aktion“ und „einseitigen Versuch, den Status quo zu verändern“ – sprich, die Inseln japanischer Kontrolle zu entreißen.
Noch in Japan hatte Biden vor einer Eskalation gewarnt und einen Ausspruch seines Vaters bemüht: „Der einzige Konflikt, der schlimmer ist als der gewollte, ist der unbeabsichtigte.“
Als sich der US-Vizepräsident am Mittwoch in der Großen Halle des Volkes mit Xi Jinping hinsetzte, schien aber erstmal Süßholzraspeln angesagt. Er lobte den „starken Mann“ Chinas als „freimütig und konstruktiv“, was die Beziehungen zu den USA angehe. „Beide Qualitäten werden dringend gebraucht“, sagte Biden. „Offenheit schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist die Grundlage, auf der echte und konstruktive Veränderungen geschaffen werden.“ Nur will Xi Jinping seine Position nicht verändern. Die Militärzone bleibt.
Mit seiner Bitte, die Luftraumüberwachung nicht in die Tat umzusetzen, stieß Biden in Peking auf eine große Mauer der Ablehnung. Da half auch sein guter Draht zu Xi Jinping nicht. Beide haben sich schon häufiger und zu langen Gesprächen getroffen. „Egal, wie gut ihr Verhältnis sein mag, es wird den Streit um die Zone nicht beseitigen“, sagte der Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität der dpa in Peking. „Es macht das Gespräch nur höflicher und beseitigt das Misstrauen, um leichter die Probleme auf den Tisch zu legen.“
Die Beziehungen der beiden größten Wirtschaftsnationen hätten sich gerade an der Wirtschaftsfront und in strategischen Fragen wie den Iran und Syrien verbessert, doch sei die Reaktion der USA auf Chinas Militärzone „energisch, selbst unverschämt“ gewesen, fand der renommierte Experte. „Es zeigt die gegensätzlichen Positionen in den Strategien der USA und Chinas.“ Dass es eines Tages sogar zu einer Konfrontation der pazifischen Mächte kommen könnte, will Shi Yinhong nicht ausschließen. China habe mit der Zone ein „klares Zeichen“ gesetzt, sagte der außenpolitische Experte Cheng Xiaohe von der Volksuniversität. „Es ist ein Ringen um die Vorherrschaft in Ostasien.“