
Nach den Rückzugsplänen von Annegret Kramp-Karrenbauer, dem Thüringen-Debakel und der Wahlschlappe in Hamburg ist die CDU darum bemüht, so schnell wie möglich Ordnung in die mittlerweile ziemlich verfahrene Situation in der Partei zu bringen. Bereits in zwei Monaten soll am 25. April auf einem außerordentlichen Parteitag in Berlin geklärt werden, wer neuer Vorsitzender wird. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Bundesvorstand am Montag in Berlin. Er wählte damit den schnellstmöglichen Termin, denn laut Parteistatuten müssen zwischen Vorstandsbeschluss und Parteitag mindestens acht Wochen liegen.
Bis zum Parteitag hat die CDU allerdings noch einen harten und turbulenten Weg vor sich. Denn nach Teilnehmerangaben konnte sich der Bundesvorstand nicht einvernehmlich auf eine Teamlösung einigen, wie sie unter anderem der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet gefordert hatte. Damit läuft es für den 25. April auf Kampfkandidaturen hinaus. Bislang liegen dazu offiziell die Bewerbungen des CDU-Außenpolitikers Norbert Röttgen sowie zweier weiterer Kandidaten vor, deren Namen nicht genannt werden. Bekannt ist aber, dass sich neben Röttgen noch Ex-Fraktionschef Friedrich Merz, Laschet und Gesundheitsminister Jens Spahn für den Parteivorsitz interessieren.
Ein Kampf deutet sich auch zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU an. Denn mit der Wahl des Vorsitzenden ist „für uns auch das klare Signal des Kanzlerkandidaten für die CDU verbunden“, sagte Kramp-Karrenbauer. Die Frage ist dann bloß, ob dieser Kandidat auch den Christsozialen und ihrem Chef Markus Söder genehm ist. Er und Kramp-Karrenbauer haben bereits eine gemeinsame Präsidiumssitzung vereinbart, auf der offene Fragen geklärt werden können. Diese Sitzung soll auch stattfinden, wie AKK betonte. Noch ist demnach aber völlig offen, ob dazu vor oder nach dem Parteitag eingeladen wird. Kramp-Karrenbauer betonte allerdings, dass die K-Frage eine sei, „die mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin dann mit Markus Söder zu klären hat“.
Kramp-Karrenbauer, die nach ihrer Rückzugs-Entscheidung sichtlich gelöst wirkte, erwartet von dem Berliner Parteitag – der nach den Statuten der CDU kein Sonderparteitag, sondern eben ein außerordentlicher Parteitag ist – eine Befriedung ihrer Partei. Die Saarländerin führte vergangene Woche Gespräche mit den potenziellen Bewerbern Laschet, Merz, Spahn und Röttgen, und die betonten demnach, „dass sie jedwedes Ergebnis des Parteitages, egal wie es ausfällt, respektieren werden“, wie die 57-Jährige erklärte.
Kramp-Karrenbauer forderte mögliche Kandidaten für den Vorsitz zwar dazu auf, sich diese Woche zu melden. Zum Bewerber-Kleeblatt Laschet, Merz, Spahn und Röttgen, die alle aus dem mächtigen CDU-Landesverband Nordrhein-Westfalen stammen, können aber praktisch jederzeit weitere Interessenten dazukommen; einige Initiativbewerbungen gibt es den Angaben zufolge bereits. Nach den Parteistatuten müssen Kandidaten für den Parteivorsitz von einem Kreisverband nominiert werden. Alternativ kommen dafür auch Bezirks- oder Landesverbände sowie CDU-Vereinigungen wie die CDA oder die MIT infrage. Last-Minute-Kandidaten können auch noch beim Parteitag selbst ihren Hut in den Ring werfen – Voraussetzung dafür ist der Vorschlag durch mindestens einen stimmberechtigten Delegierten. Regionalkonferenzen wie vor dem letzten Wahlparteitag, den Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 knapp vor Friedrich Merz gewann, soll es diesmal übrigens nicht geben.
Kramp-Karrenbauer hatte sich zunächst dafür ausgesprochen, Parteivorsitz und Spitzenkandidatur auf dem regulären Bundesparteitag Anfang Dezember in Stuttgart zu klären. Dieser Fahrplan wurde aber über den Haufen geworfen – nicht zuletzt wegen des Drucks durch die CSU, die auf eine schnelle Klärung der Personalsituation in der großen Schwesterpartei dringt.
Die Klatsche für die CDU bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg spielte am Tag danach in der Parteizentrale eine nur noch untergeordnete Rolle. Kramp-Karrenbauer sprach von einem „ganz bitteren Abend“. Spitzenkandidat Marcus Weinberg beklagte sich wie schon am Wahlabend über den von dem Wahldebakel in Thüringen ausgelösten Gegenwind. „Aus dem Wind von vorne wurde ein Orkan“, sagte er. Kramp-Karrenbauer ging auf die Entwicklung in Thüringen nicht näher ein.
Auch der Amoklauf von Hanau spielte in der Vorstandssitzung eine Rolle, wie Kramp-Karrenbauer erklärte, die in diesem Zusammenhang heftig auf Vorwürfe von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil reagierte, die CDU grenze sich nicht eindeutig zur AfD ab. Klingbeil, wetterte AKK mit einer Energie, die man bei ihr in den letzten Wochen ein wenig vermisst hatte, führe bei diesem Thema seit einem Jahr„eine wirkliche Schmutzkampagne gegen die CDU“. Er behaupte, die CDU habe ein Abgrenzungsproblem zur AfD. Wenn er wirklich dieser Überzeugung sei, müsse er in der Konsequenz mit seiner Partei die Regierung verlassen, forderte die Parteivorsitzende.