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BERLIN
Bundeswehr: Nachwuchs-Werbung auf Tiefpunkt
Das Bestreben der Bundeswehr, Freiwillige zu rekrutieren, ist offenbar ein Rohrkrepierer. Dies zeigen Zahlen des Bundesverteidigungsministeriums.
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 21.06.2013 15:52 Uhr
Ganze 615 freiwillig Wehrdienst Leistende konnte demnach die Bundeswehr im laufenden Quartal für sich begeistern.  Das sind 60 Prozent weniger als im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres.

Zum Vergleich: Der Höchststand lag im dritten Quartal 2011, als sich 4458 Neueinsteiger meldeten. Freiwillig Wehrdienst Leistende können sich für 7 bis 23 Monate verpflichten.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte mit dem Aussetzen der Wehrpflicht im Juli 2011 als Ziel 5000 bis 15.000 Freiwillige ausgegeben.  Was die Nachwuchs-Werbung zusätzlich verschärft, ist eine hohe Quote von Abbrechern: Zahlen des Verteidigungsministeriums belegen, dass bis zu 30 Prozent der Freiwilligen während der sechsmonatigen Probezeit wieder aussteigen.

Der nordrhein-westfälische SPD-Landtagsabgeordnete und Oberstleutnant Thomas Marquardt sieht darin ein Problem: “Eine Abbrecherquote von 20 bis 30 Prozent ist zu hoch. Eigentlich müsste sie bei unter 10 Prozent liegen. Wenn so viele junge Menschen den freiwilligen Wehrdienst abbrechen, dann scheint etwas nicht zu stimmen“, sagte Marquardt.

“Vielleicht haben die Bewerber falsche Vorstellungen, vielleicht holt die Bundeswehr die falschen Leute, vielleicht müsste sie besser darüber informieren, welche Herausforderungen Bewerber erwarten.“ Eine hohe Abbrecherquote sei nicht nur für die jungen Leute, sondern auch für die Armee ein Problem. “Denn Einschleusung und Ausschleusung verursachen einen hohen organisatorischen und bürokratischen Aufwand“, sagte Marquardt.

Dem Bericht zufolge nimmt das Verteidigungsministerium die Entwicklung aber gelassen. "Wir haben mehr Bewerber als wir brauchen", sei aus dem Ministerium zu hören. Derzeit gebe es rund 10.500 Freiwillige.

Für eine Analyse, warum es aktuell so wenige sind, sei es zu früh. Das zweite Quartal sei in dieser Hinsicht stets "schwach".

Ob der kämpfenden Truppe im Auslandseinsatz diese Erklärung genügt? Auch da ist die Personalsituation offenkundig angespannt. Weil es an Ersatz fehlt, müssen die eingesetzten Soldaten länger im Krisengebiet Dienst tun, als ihnen guttut.

Nach vier Monaten in Krisengebieten wie Kosovo oder Afghanistan sollen sich Bundeswehrsoldaten 20 Monate regenerieren. Die Wahrheit ist internen Berichten zufolge eine andere. Danach werden Soldaten in vielen Fällen länger und häufiger in Einsätze geschickt.

Immer wieder werde gegen die Vorschrift verstoßen, wonach ein Einsatz maximal vier Monate dauern darf und von 20 Monaten Regenerationszeit gefolgt werden muss. Dies geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour (Grüne) hervor.

Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" musste zwischen Januar 2010 und Anfang Dezember 2012 jeder vierte Soldat länger als vier Monate in diesen gefährlichen Einätzen dienen. Soldaten, die später erneut in den Einsatz geschickt wurden, hatten demnach lediglich in der Hälfte der Fälle die vorgesehene Regenerationszeit von 20 Monaten.

Besonders betroffen seien Soldaten des Heeres. Nouripour beklagte, "Theorie und Praxis der Einsatzsystematik" lägen weit auseinander. "Dabei ist längst bekannt, dass bei längerer Einsatzdauer die Gefahr psychischer Krankheiten massiv steigt", sagte er.

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), sieht damit seine eigenen Befunde bestätigt. Gerade für Spezialisten in der Bundeswehr seien "vielfach die Grenzen der Belastbarkeit erreicht". Ganz anders interpretiert der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey (CDU), die Zahlen. Für ihn belegen sie, "dass der planerischen Zielvorgabe einer Einsatzdauer von vier Monaten bereits heute überwiegend Rechnung getragen wird".
 
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