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ANKARA
Bundeswehr beendet Einsatz in der Türkei
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 |  aktualisiert: 16.08.2015 19:03 Uhr

Deutschland zieht nach zweieinhalb Jahren seine Patriot-Luftabwehrraketen aus der Türkei ab. Das Verteidigungsministerium in Berlin begründete dies mit der gesunkenen Gefahr von Raketenangriffen der syrischen Regierung auf das Territorium des Nato-Partners. Türkische Medien werteten die Nachricht aus Berlin als „Schock“ für Ankara: Der bisherige Beistand durch die Patriots der Nato hat für die Türkei große symbolische Bedeutung. Eine Stellungnahme der türkischen Regierung zu der Abzugsentscheidung lag zunächst nicht vor.

Seit Januar 2013 ist die Bundeswehr mit Patriot-Batterien in der südtürkischen Stadt Kahramanmaras präsent, die rund hundert Kilometer von der syrischen Grenze entfernt liegt. Die etwa 250 Soldaten sollen laut „Spiegel Online“ noch in diesem Jahr abgezogen werden; das Bundestagsmandat für ihren Einsatz läuft am 31. Januar kommenden Jahres aus. Auch die USA wollten ihre im Rahmen der Nato-Mission „Active Fence“ in der Türkei stationierten Patriots im Oktober abziehen, meldete „Spiegel Online“.

Eine große militärische Bedeutung haben die Nato-Patriots für die Türkei nicht. Die syrische Regierungsarmee hatte in jüngster Zeit einige Gebiete im Nordwesten des Landes aufgeben müssen. Rebellenmilizen wie der Islamische Staat (IS), die in der Nähe der türkischen Grenze aktiv sind, verfügen weder über Flugzeuge noch über Raketen, mit denen sie Kahramanmaras erreichen könnten.

Bundeswehr bleibt präsent

Besonders angesichts der Verärgerung im Westen über die kürzlich begonnenen türkischen Luftangriffe auf die PKK-Kurdenrebellen dürfte die Entscheidung Deutschlands in Ankara als politisch motivierter Beschluss aufgefasst werden. US-Vertreter und europäische Politiker hatten der türkischen Regierung vorgeworfen, unter dem Deckmantel des angekündigten Kampfes gegen den IS massiv gegen die PKK vorzugehen. In Deutschland waren wegen der Angriffe auf die PKK zuletzt Rufe nach einem Abzug der Patriots lautgeworden.

Die Bundesregierung bemühte sich, der Vorstellung entgegenzuwirken, der Westen lasse die Türkei nun mit dem Problem Syrien allein. „Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). „Sie geht heute von der Terrororganisation Islamischer Staat aus.“ Das türkische Außenministerium reagierte zunächst nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme.

Die Bundeswehr bleibe in der Region präsent, um zur Stabilisierung beizutragen, betonte die Ministerin. Unter anderem unterstützen laut Ministerium derzeit fast hundert deutsche Soldaten die Ausbildung von kurdischen und irakischen Sicherheitskräften, die gegen den IS kämpfen. In der Türkei wären nach dem Abzug der Patriots aber keine deutschen Soldaten mehr stationiert.

Zwischen der Türkei und dem Westen waren in den vergangenen Tagen Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Vorgehens in Syrien zutage getreten. Zwar erlaubte Ankara den USA die Nutzung türkischer Luftwaffenstützpunkte für Angriffe auf den IS von der Türkei aus. Doch betont die Türkei darüber hinaus, zu der Vereinbarung gehöre auch die Einrichtung einer Schutzzone für rückkehrwillige Flüchtlinge in Syrien selbst. Die US-Regierung will von diesem Plan aber nichts wissen. Truppen des IS waren in den vergangenen Tagen in der Nähe der Stadt Marea, die nur 20 Kilometer südlich der türkischen Grenze liegt, vorgerückt und hatten diese eingekesselt. Marea liegt in jenem Gebiet, in dem Ankara die Schutzzone einrichten will. Auch die gemäßigten syrischen Rebellen meldeten in den vergangenen Tagen Erfolge in der Nähe der türkischen Grenze. Nach türkischen Vorstellungen sollen Einheiten der gemäßigten Rebellenarmee FSA die Schutzzone kontrollieren.

Neuer Streit mit der Türkei

Kurz vor Bekanntwerden der Berliner Patriot-Entscheidung hatte sich auf einem anderen sensiblen Gebiet neuer Streit zwischen Deutschland und der Türkei abgezeichnet. Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte von der Bundesrepublik die Auslieferung des regierungskritischen Ex-Staatsanwaltes Zekeriya Öz, der sich nach Deutschland abgesetzt hat. Sollte Deutschland dies ablehnen, werde die Türkei auch keine Straftäter mehr an die Bundesrepublik ausliefern, sagte Erdogan. Öz soll in der Türkei wegen eines angeblichen Umsturzversuches vor Gericht gestellt werden.

 
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