Die Große Koalition von CDU, CSU und SPD ist beschlossene Sache. Wenn die SPD-Mitglieder dem Vertrag zustimmen, wird Angela Merkel am 17. Dezember zur Kanzlerin einer schwarz-roten Regierung gewählt. Doch auf der Regierungsbank im Plenarsaal des Bundestags sitzt am Donnerstag noch einmal die alte schwarz-gelbe Regierung, die seit der Bundestagswahl nur noch geschäftsführend im Amt ist, mit FDP-Ministern und FDP-Staatssekretären, die längst ihr Bundestagsmandat verloren haben.
Wirtschaftsstaatssekretär Ernst Burgbacher, der seinen Chef Philipp Rösler vertritt, darf wahrscheinlich ein letztes Mal direkt neben Bundeskanzlerin Angela Merkel Platz nehmen. Neben ihm sitzt Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, die den Platz ihres Ministers Guido Westerwelle einnimmt; auch die Noch-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verfolgt aufmerksam die Debatte.
Ein Parlament zwischen alter Regierung, die noch nicht weg ist, und neuer Regierung, von der niemand weiß, wie sie am Ende aussehen wird. Die Grünen haben die Sondersitzung 67 Tage nach der Bundestagswahl und 37 Tage nach der Konstituierung des Parlaments beantragt, weil sie, wie es ihre neue Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann in der Debatte fast schon verzweifelt auf den Punkt bringt, nicht länger „im Stand-by-Modus“ verharren und zur Untätigkeit verdammt sein wollen. „Wir wollen endlich arbeiten.“ Es sei höchste Zeit, dass der Bundestag tage, die Ausschüsse eingesetzt werden und Regierungsbefragungen stattfänden, fordert die Grüne.
Doch weil sich CDU, CSU und SPD in den am Vortag abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen weder auf den Zuschnitt der Ministerien noch auf die Verteilung der Kabinettsposten geeinigt haben und diese Entscheidung erst nach dem SPD-Mitgliedervotum treffen wollen, kann der Bundestag keine Fachausschüsse einsetzen, in denen die Gesetzentwürfe beraten, Experten angehört und Veränderungen vorgenommen werden. Die Koalitionäre in spe behelfen sich stattdessen mit einem Trick – mit ihrer 80-Prozent-Mehrheit im Parlament setzten sie am Donnerstag einen Hauptausschuss ein, der bis zur Bildung der regulären Ausschüsse alle anderen ersetzt. Dem Gremium, das es in der Geschichte des Parlaments noch nie gegeben hat, gehören 47 Mitglieder an, 23 von CDU/CSU, 14 von der SPD und je fünf von den Grünen und der Linkspartei, den Vorsitz haben Parlamentspräsident Norbert Lammert und seine sechs Stellvertreter.
Einen Antrag der Grünen, bis zur Vereidigung der neuen Regierung die Ausschüsse vorläufig auf der Grundlage des alten schwarz-gelben Ressortzuschnitts einzusetzen, lehnen CDU/CSU und SPD geschlossen ab. Dies wäre ein „unverhältnismäßig hoher Aufwand“, argumentiert SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Spätestens in der Woche vor Weihnachten könnten die regulären Ausschüsse eingesetzt werden. Nach Ansicht der Linken verstößt diese Vorgehensweise aber gegen die Ausübung des freien Mandats und sei daher grundgesetzwidrig.
Viel Arbeit wird der Ausschuss in den nächsten Wochen allerdings nicht haben. So verabschiedete der Bundestag in zweiter und dritter Lesung eine Gesetzesinitiative der Länder, dass die Mittel, die der Bund für den Ausbau der Kita-Plätze zur Verfügung gestellt hat, nicht Ende des Jahres verfallen – ohne vorherige Überweisung an den Hauptausschuss und ohne Beratung in dem dafür vorgesehenen Gremium. Für die Grünen schlicht „ein Stück Absurdistan“.