Die Mehrheit steht. Nach monatelangen heftigen Debatten in der Großen Koalition und einem Krisengipfel der Parteichefs von CDU, CSU und SPD Ende Januar im Kanzleramt wird der Bundestag an diesem Donnerstag das umstrittene Asylpaket II verabschieden. Gleichwohl gibt es in den Reihen der SPD noch immer erhebliche Bedenken und Widerstände gegen das Paket. So lehnten bei einer Probeabstimmung in der Fraktionssitzung am Dienstagnachmittag 20 Sozialdemokraten den Gesetzentwurf ab, weitere vier Abgeordnete enthielten sich. In der Unionsfraktion gab es hingegen nur zwei Enthaltungen.
Zu den Gegnern des Asylpakets gehört auch Christoph Strässer, der aus Protest gegen die geplanten Verschärfungen des Asylrechts und der Einstufung der drei nordafrikanischen Staaten Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer von seinem Amt als Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung zurückgetreten ist. Zu seiner Nachfolgerin bestimmte das Bundeskabinett am Mittwoch die oberbayerische SPD-Parlamentarierin Bärbel Kofler. Die 48-Jährige stellte sich hinter den Kompromiss.
Massive Kritik an den Plänen der Bundesregierung übten die Oppositionsparteien sowie die evangelische Kirche in Deutschland. Die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, kritisierte die geplanten Einschränkungen beim Familiennachzug.
Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) steht in der Zwischenzeit bereits deutlich mehr Personal für eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge zur Verfügung. Wie die Bundesregierung mitteilte, stieg die Zahl der sogenannten Entscheider von 370 im Oktober auf mittlerweile 860. Hinzu kämen rund 400 Sonderentscheider, die von anderen Behörden ausgeliehen wurden. Als Folge konnten im Januar pro Tag über 2600 Anträge entschieden werden, im ersten Halbjahr 2015 waren es lediglich 890 Entscheidungen pro Tag.
Die Zahl der über die bayerische Grenze nach Deutschland einreisenden Migranten ist stark zurückgegangen. Am Dienstag etwa wurden nur 50 Menschen an der Grenze gezählt. Im Schnitt registrierte die Bundespolizei nach eigenen Angaben in den vergangenen acht Tagen weniger als 500 Menschen täglich.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte eine drastische Reduzierung des Flüchtlingsandrangs. „Die Flüchtlingszahlen müssen dramatisch sinken, sonst schaffen wir das nicht mehr“, sagte Schäuble der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er warnte vor einem Bedeutungsverlust Europas, falls der EU-Flüchtlingsstreit nicht gelöst wird: „Wir müssen aufpassen, dass Europa weiter als relevant angesehen wird.“ Schäuble betonte, er werde für den Kurs von Kanzlerin Merkel werben. „Es gibt nur eine europäische Lösung“, bekräftigte er ihr Credo.
Mit Informationen von dpa