zurück
BERLIN
Bundestag billigt Hilfspaket für Griechenland
Von unserem Korrespondenten Martin Ferber
 |  aktualisiert: 07.11.2019 17:05 Uhr

Der Deutsche Bundestag hat mit großer Mehrheit einem zweiten Hilfspakt für Griechenland in Höhe von 130 Milliarden zugestimmt, allerdings verfehlte die schwarz-gelbe Koalition wegen etlicher Krankheitsfälle zum ersten Mal die Kanzlerinnenmehrheit um sieben Stimmen, auf die es jedoch nicht ankam.

In einer Sondersitzung am Montagnachmittag stimmten 496 Abgeordnete von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen für das von den Staats- und Regierungschefs der EU bereits im Oktober beschlossene Umschuldungs- und Rettungsprogramm, 90 votierten mit Nein, fünf enthielten sich der Stimme. Ohne dieses Geld wäre die Regierung in Athen im März zahlungsunfähig. Die genaue Höhe des deutschen Anteils an diesem Paket steht noch nicht fest.

„Europa scheitert, wenn der Euro scheitert. Europa gewinnt, wenn der Euro gewinnt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung, in der sie um Zustimmung warb. Sie kenne die Stimmen derjenigen, die meinten, Griechenland sei ein Fass ohne Boden, ein hoffnungsloser Fall, gleichwohl sei sie der Ansicht, „dass die Chancen, die in dem neuen Programm liegen, seine Risiken überwiegen.“ Griechenland habe in den letzten beiden Jahren „durchaus auch Fortschritte erzielt“.

Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone, wie sie am Wochenende mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zum ersten Mal auch ein Regierungsmitglied erhoben hatte, wies sie entschieden zurück.

Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) wies der Bundesregierung eine Mitschuld an der Griechenlandkrise zu, da das erste Rettungspaket für Griechenland völlig unzureichend gewesen sei. „Politisch hat die Kanzlerin die Dimension der griechischen Tragödie völlig unterschätzt. Es war zu spät, zu wenig, zu ungefähr.“ Schon jetzt sei klar, dass in absehbarer Zeit weitere Hilfen vom Bundestag beschlossen werden müssten.

Steinbrück forderte einen Strategiewechsel, mehr wirtschaftliche Dynamik statt eines Spardiktats, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie eine wirkungsvollere Finanzmarktregulierung. Die große Mehrheit der SPD-Abgeordneten werde trotz vieler Zweifel dem Hilfspaket zustimmen, weil es „um das Ganze“ für Europa gehe. Dies bedeute keine Zustimmung zur Politik der schwarz-gelben Regierung.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte die „Konsens-Soße“ von schwarz-gelber Koalition und rot-grüner Opposition. Für Unverständnis im gesamten Parlament sorgte sein Vergleich der Griechenland auferlegten Sparbeschlüsse mit dem Versailler Friedensvertrag von 1919. Griechenland brauche „mehr Marshall“ und „weniger Versailles“. Die „verheerende Kürzungspolitik“ bei den Einkommen, Mindestlöhnen und Renten werde das Land weiter in die Katastrophe führen.

Die Fraktionschefs der Koalition, Volker Kauder (CDU) und Rainer Brüderle (FDP), warben eindringlich für die Zustimmung zu dem Hilfspaket, weil dies im „ureigensten Interesse Deutschlands“ liege.

• Leitartikel Seite 2 • Das Thema Seite 8

Die Abweichler in der Koalition

Die schwarz-gelbe Koalition hat bei der Abstimmung über das zweite Griechenland-Paket die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit verfehlt. 496 Abgeordnete stimmten mit Ja, 90 mit Nein, fünf enthielten sich der Stimme. Die Deutsche Presse-Agentur dokumentiert nach den Abstimmungslisten des Bundestages, wer am Montag in den Reihen der Koalition mit Nein gestimmt und wer sich enthalten hat: Nein-Stimmen CDU/CSU: Veronika Bellmann, Wolfgang Bosbach, Thomas Dörflinger, Herbert Frankenhauser (CSU), Alexander Funk, Peter Gauweiler (CSU), Manfred Kolbe, Paul Lehrieder (CSU, Würzburg), Carsten Linnemann, Thomas Silberhorn (CSU), Christian von Stetten, Stephan Stracke (CSU), Klaus-Peter Willsch. Nein-Stimmen FDP: Jens Ackermann, Sylvia Canel, Frank Schäffler, Torsten Heiko Staffeldt. Enthaltungen: Christian Hirte (CDU), Hans-Georg von der Marwitz (CDU), Erwin Lotter (FDP).

ONLINE-TIPP

Mehr Politikerstimmen zum geplanten Rettungspaket finden Sie unter www.mainpost.de/zeitgeschehen

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bankenrettungspakete
Bundeskanzlerin Angela Merkel
CDU
CSU
CSU Würzburg
Deutscher Bundestag
FDP
Frank Schäffler
Gregor Gysi
Kanzlermehrheit
Krankheitsfälle
Paul Lehrieder
Peer Steinbrück
Peter Gauweiler
Rainer Brüderle
SPD
Thomas Dörflinger
Volker Kauder
Wolfgang Bosbach
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen