So oft wie nie seit der Einführung des Informationsfreiheitsgesetzes vor zwölf Jahren fordern die Bundesbürger Auskünfte von Behörden. Die Zahl der Anträge ist in den vergangenen beiden Jahren auf fast 22 000 gestiegen.
Das geht aus dem Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff für die Jahre 2016 und 2017 hervor. In den Jahren 2014 und 2015 waren es noch insgesamt gut 18 000 Anträge. „Die Steigerung der Anträge zeigt deutlich, dass das Recht auf Informationszugang inzwischen zum Werkzeugkoffer des mündigen Bürgers in einer auf Offenheit angelegten Gesellschaft geworden ist.“
Es gibt Ausnahmen
Seit 2006 haben alle Bürger das Recht auf Zugang zu behördlichen Informationen, die zuvor in der Regel dem Amtsgeheimnis unterlagen. Doch nicht in allen Fällen bekommen die Bürger diese Auskünfte auch. So wurden etwa im Jahr 2017 bei einer Zahl von mehr als 12 000 Anträgen in gut 5600 Fällen die gewünschten Auskünfte vollständig erteilt. In 1200 Fällen wurden die Auskünfte teilweise und in rund 700 Fällen gar nicht gewährt.
Auskünfte können etwa verweigert werden, wenn es um persönliche Daten oder Betriebsgeheimnisse geht, um laufende Vorgänge – oder um Informationen, deren Preisgabe die nationale Sicherheit gefährden könnte. In rund 4600 Fällen erledigten sich die Anfragen auf andere Art – etwa durch Rücknahme der Anträge, durch den Umstand, dass die Information gar nicht existiert oder bereits anderweitig veröffentlicht wird.
Oft müssen Gerichte klären, ob ein Auskunftsanspruch besteht. So wurde etwa die Klage eines Journalisten abgewiesen, der erfolglos Zugang zum Kurzprotokoll einer Sitzung des Bundeskabinetts begehrt hatte. Er erhielt zwar das Beratungsergebnis, mit Hinweis auf den notwendigen Schutz der Beratungen von Bundesbehörden wurde ihm aber das vollständige Protokoll verwehrt.
In strittigen Fällen wird Datenschutzbeauftragte Voßhoff auch als Vermittlerin eingeschaltet – im Berichtszeitraum war das 790 Mal der Fall. So wies sie etwa mehrere Behörden darauf hin, dass Angaben zum Sponsoring von Behörden durch Firmen „nicht vom Informationszugang ausgenommen sind“. Voßhoff bedauert, dass sich ihre Kontrollfunktion nur auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes bezieht – und nicht auf das Umwelt- und Verbraucherinformationsrecht. Wenn Bürger etwa Schwierigkeiten hätte, an Informationen über die Belastung von Muttermilchproben mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat zu kommen, könne sie nicht tätig werden, so Voßhoff.
Ein zu rosiges Bild?
Sie appelliert an den Bundestag, ihre Zuständigkeiten entsprechend auszuweiten. Insgesamt zeichnet Voßhoff ein rosiges Bild des Standes der Informationsfreiheit. „Der Staat ist nicht länger die unzugängliche Trutzburg, in der Verwaltungsinformationen hinter Schloss und Riegel versteckt bleiben“, sagt sie. Eine Sichtweise, die nicht alle teilen. So nennt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalistenverbandes, das Informationsfreiheitsgesetz im Gespräch mit dieser Redaktion einen „zahnlosen Tiger“. Gerade auf Bundesebene reichten die Regelungen nicht annähernd aus, um berechtigte Informationsansprüche von Journalisten zu erfüllen, sagt er. „Oft mauern Bundesbehörden, wenn Journalisten Auskünfte fordern, die über das hinausgehen, was die Behörden selbst preisgeben möchten. Dann lassen sie sich sehr viel Zeit, informieren unvollständig oder versuchen, Auskünfte ganz zu vermeiden.“
Wenn Ämter mauern
Der Artikel 5 des Grundgesetzes, der die Meinungsfreiheit und das Grundrecht garantiert, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu informieren, sei in der Praxis oft zu unkonkret. „Wir brauchen dringend ein Presseauskunftsrecht auf Bundesebene“, so Zörner.
Auch Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Datenschutzexperte der Grünen, kritisiert gegenüber dieser Redaktion: „Noch immer sind es viel zu häufig Gerichte, die den Informationsanspruch von Journalisten und Bürgern durchsetzen müssen.“ Die Informationsfreiheit müsse weiter gestärkt werden, so von Notz – „sowohl in den Ländern, vor allem denen, die bis heute keine Informationsfreiheitsgesetze haben, als auch im Bund und der EU“.