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STRAßBURG
Brüssel weist Roms Etat zurück
Italiens Haushalt       -  Matteo Salvini, Vize-Premier und Innenminister von Italien, will die Ablehnung des italienischen Haushaltsplans nicht akzeptieren: „Es gibt keinen Weg zurück“, sagte er am Dienstag.
Foto: Angelo Carconi, dpa | Matteo Salvini, Vize-Premier und Innenminister von Italien, will die Ablehnung des italienischen Haushaltsplans nicht akzeptieren: „Es gibt keinen Weg zurück“, sagte er am Dienstag.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:51 Uhr

Der Streit zwischen Italien und der EU-Kommission über den Haushaltsentwurf eskaliert. Zur Begründung für ihr scharfes Vorgehen gegen Rom wählt die Brüsseler Behörde ein eindrucksvolles Beispiel, das zeigen soll: Die neue Regierung versündigt sich mit ihrer Schuldenmacherei an der Jugend des Landes.

Für die beiden beteiligten EU-Kommissare war es zwar ein historischer Augenblick, aber offenkundig einer, auf den sie gerne verzichtet hätten. Nur einen Tag, nachdem die italienische Regierung die Kritik aus Brüssel an ihrem Etatentwurf zurückgewiesen hat, ging die Behörde am Dienstag in die Offensive: „Zum ersten Mal weisen wir den Haushalt eines Mitgliedslandes zurück“, sagte der für Etatfragen zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrowskis, in Straßburg.

Pierre Moscovici, innerhalb der Kommission für Währungsfragen verantwortlich, sprach von einer „beispiellosen Situation“. Entsprechend der geltenden Regel hat die italienische Regierung nun drei Wochen Zeit, um einen korrigierten Ausgabenplan für das Jahr 2019 einzureichen. Was bisher aus Rom kam, „konnte unsere Bedenken nicht zerstreuen“, betonte Dombrowskis diplomatisch. Moscovici brachte es ungleich deutlicher auf den Punkt: „Die Regierung ist auf die Fragen der Kommission überhaupt nicht eingegangen.“ Wirklichen Eindruck hinterließ der Schritt der Kommission offensichtlich nicht. Innenminister Matteo Salvini sagte, der Entwurf werde nicht korrigiert.

Dabei würde es sich durchaus lohnen, die Begründung der Brüsseler EU-Behörde wenigstens mal zu lesen. „Was uns beunruhigt, sind die Auswirkungen für die Bürger“, sagte Dombrowskis. Der öffentliche Schuldenstand von derzeit knapp 132 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bedeutet, dass rein rechnerisch jeder Italiener mit 37.000 Euro verschuldet ist.

Mehr noch: Für die bisher aufgelaufenen Lasten, mussten im Jahr 2017 rund 65 Milliarden Euro an Zinsen gezahlt werden. Moscovici: „Das ist genauso viel, wie Italien in seine Bildungspolitik investierte.“ Wer eigene Schulden nicht abbaue, so der Währungskommissar weiter, „kann keine gute Politik machen“. Im Übrigen beruhe der Euroraum auf dem Vertrauen, dass alle Partner gemeinsame Regeln akzeptieren und diese auch beachten. „Die italienische Regierung stellt sich aber offen und bewusst gegen Zusagen, die sie sich selbst und den anderen Partnern gegeben hat“, unterstrich Dombrowskis.

Die Eskalation überrascht, weil die Kommission eigentlich zwei Wochen Zeit gehabt hätte, um die Reaktion Roms zu bewerten. Außerdem hatte Eurogruppenchef Mario Centeno noch am Dienstagmorgen hoffnungsvoll Spielräume für mögliche Kompromisse angedeutet. Die wird Moscovici nun suchen müssen. Der Währungskommissar, der vor seinem Wechsel nach Brüssel französischer Finanzminister war, will die kommenden Wochen nutzen, um Rom zu Nachbesserungen des Etatentwurfes zu bewegen. Das wäre auch notwendig, um eine tief greifende Auseinandersetzung zu verhindern.

Die italienische Regierung will trotz der Zurückweisung ihrer Haushaltspläne keine Änderungen daran vornehmen. „Es ändert sich nichts, die Herren der Spekulation mögen abtreten, es gibt keinen Weg zurück“, sagte Vize-Premier Matteo Salvini bei einem Besuch in Bukarest laut Nachrichtenagentur Ansa am Dienstag. Die EU-Kommission würde nicht eine Regierung, „sondern ein Volk attackieren“. Man werde den Italienern „keinen einzigen Cent“ aus den Taschen nehmen.

Direkte Sanktionsmöglichkeiten gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Die EU-Kommission könnte in einem weiteren Schritt ein offizielles Defizitverfahren gegen Italien einleiten. An dessen Ende könnten die EU-Finanzminister theoretisch bei anhaltenden Verstößen gegen die Stabilitätsregeln finanzielle Sanktionen beschließen. Dies scheint jedoch unwahrscheinlich.

 
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