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BRÜSSEL
Brüssel jagt Pokémon
Pokemon GO       -  Jugendliche spielen am 16.08.2016 in einem Park in Stuttgart (Baden-Württemberg) Pokemon GO auf ihren Smartphones. Foto: Silas Stein/dpa
Foto: Silas Stein (dpa) | Jugendliche spielen am 16.08.2016 in einem Park in Stuttgart (Baden-Württemberg) Pokemon GO auf ihren Smartphones. Foto: Silas Stein/dpa
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 06.09.2016 03:28 Uhr

Rattfratz hat das Gebäude der Europäischen Kommission bereits erobert. Kokowei wurde auch schon in den Amtsstuben der obersten EU-Behörde gesichtet. Nur für Poliwags ist das Überleben schwierig: Kommissions-Vizepräsident Andrus Ansip berichtete den Kollegen stolz, er habe ein Wasser-Pokémon höchstselbst vernichtet.

Der Spaß könnte allerdings bald ein Ende haben, denn am heutigen Freitag wird der europäische Gesetzgeber offiziell aufgefordert, gegen die fortgesetzten Datenschutzverstöße des Spiele-Hits Pokémon Go vorzugehen. Absender des Antrags ist der belgische Europa-Abgeordnete Marc Tarabella. Unter dem Deckmantel eines Spiels werden hier persönliche Daten abgesaugt, sagte der Sozialist, der auf ein Einschreiten der Kommission setzt.

In Europa gehört die Sicherung der persönlichen Freiheit zu den Grundrechten. Die Vorstellung, dass die EU-Behörde Pokémon nun nicht mehr mit den Handys erlegt, sondern offiziell gegen Hersteller Niantic (einen Firmenableger des amerikanischen Google-Konzerns, das Spiel selbst gehört Nintendo) vorgeht, passt ins Bild.

Bedenken gegen das Spiel, das den Aufenthaltsort des Spielers per Handy-GPS lokalisiert und diese Angaben laut eigener Datenschutzerklärung auch Dritten zur Verfügung stellt, werden immer häufiger. Der CDU-Europa-Politiker Axel Voss, für den Datenschutz in seiner Fraktion des EU-Parlamentes zuständig, sieht einige Passagen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ebenfalls als durchaus kritisch.

Zwar müsse der Nutzer, bevor er auf die Pokémon-Jagd gehen kann, zunächst der Weitergabe seiner Daten zustimmen, wie es das europäische Recht verlangt. Allerdings bleibe unklar, wer am Ende wirklich die Informationen bekommt. Voss steht der Aufforderung an die EU-Kommission und einem europäischen Einschreiten dennoch kritisch gegenüber: „Zuständig ist nicht die Brüsseler Kommission, sondern die Datenschutzbeauftragten der Länder“, sagte er dieser Zeitung. So legt es die gerade erst verabschiedete Datenschutzgrundverordnung der EU fest. Doch die tritt erst 2018 in Kraft.

Für den Hersteller und seine witzigen Figuren mit den schrägen Namen wird die Luft dennoch dünner. Das Bundesverteidigungsministerium sieht durch das Eindringen der virtuellen Ziele in Sicherheitsbereiche der Truppe sogar schon den Schutz der Armee gefährdet.

Die Erzdiözese Köln reichte sogar bereits Klage ein, nachdem Rattfratz und Smettbo im Gotteshaus der Domstadt ausgemacht wurden. Israel und Indonesien haben Verbote erlassen. Dass diese nun auch in Europa drohen könnten, scheint dennoch eher unwahrscheinlich. Vermutlich werde man es bei einem Appell an den Hersteller belassen, sich an die Regeln der EU-Kommission zu halten und das Spiel anzupassen, mutmaßen Brüsseler Beobachter. Pokémon Go müsste also deutlich zurückhaltender mit Daten umgehen.

 
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